Freitag, 8. Dezember 2006

Spenden usw.

lala2 viva1 lala6 lala7

Weihnachten naht! Ich sitze hier in meinem Zimmer, draußen stürmt es, ist dunkel, und ich versuche mich ins warme Madagaskar zurück zu versetzten. Hier in Wien bahnen sich die nächsten Hilfskationen an, und ich habe noch nicht mal allen Leuten von unsere Aktionen aus Madagaskar erzählt. (Ich glaube ich habe schon mit allen, die gespendet habe gesprochen, aber es gibt ja sicher noch ein paar Leute, die von unserem Erfolg hören wollen ).
…also bevor ich jetzt zu allen Neuigkeiten von hier komme, erst mal zurück ins warme Madagaskar.

Es war glaube ich August, als ich das erste mal um Hilfe, für unsere kleine Lala aufrief. Lala hatte einen Augentumor und ich bat euch (Freunde aus Europa) um die Unterstützung von 50 Euro damit die lokalen Ärzte bei uns im Spital in Madagaskar Lala operieren könnten. Aber ihr spendete nicht nur 50 Euro, sondern gleich 300 und so kam es, dass noch zwei weitere Aktionen angeleitet wurden.
Wir zahlten noch eine weitere Operation für Djazaou, einem Studenten von den Komoren (vier kleinen Inseln nordwestlich Madagaskars), und spendeten dem Fußballclub neben dem Krankenhaus neue Schuhe und Bälle. Zuerst werde ich euch von Djazaou erzählen.

Wie es zum Kontakt mit Djazaou kam!
Ich kannte Djazaou schon relativ lange. Er war eines Tages mit einer Freundin, die Probleme im Unterbauch hatte, ins Krankenhaus gekommen und so hatten wir uns kennen gelernt. Schon längst vergessen, war ich dann verwundert als er eines Tages selber in einem Krankenbett lag. Seine Nieren seien nicht in Ordnung und müssten bald operiert werden, erzählte er mir. Aber er habe kein Geld, sei nur wegen den zu großen Schmerzen ins Krankenhaus gekommen und gehe am nächsten Tag wieder nach hause, weil auch seine Freunde, die im den Aufenthalt jetzt zahlten, dann nicht mehr zahlen könnten. Ich war noch in dieser „Wohltäter-Euophorie“, und sagte gleich vielleicht könnte ich helfen. Das war vielleicht nicht so gut. Ich wusste ja noch gar nicht ob seine Storys wahr waren oder nicht.
Als ich am Abend zu hause war erzählte ich. Erzählte von Djazaou und seinen Freunden, von seinem Leben in Madagaskar und von meinen Plänen. Das war wahrscheinlich schon wieder falsch gewesen. Wie ich später lernte, mögen die Madagassen die Komoren nicht. Auf den Komoren gibt es keine Universitäten und keine Krankenhäuser, daher kommen die Komoren, die es sich leisten können, nach Antananarivo um die dortige Infrastruktur zu nutzen. In Tana bleiben sie meist unter sich (es gibt richtige Viertel von ihnen) und es gibt kaum Verbindungen zwischen Madagassen und Komoren. Dazu kommt, dass die Komoren moslimisch, und die Madagassen christlich sind.
Ich erzählte also zu hause von Djazaou. Mir wurde abgeraten die Operation zu sponsorn. Die Komoren hätten gute Kontakte, große Familien, und ein funktionierendes Netzwerke um Dinge wie diese zu finanzieren.
Ich beschloss mir die Sache selber anzuschauen, mit Djazaou zu reden und ihn nach seiner Geschichte zu fragen.
Ich rief ihn an und er sagte mir, er könne nicht zu mir kommen weil er im Bett liege. Bewegungsunfähig. Wegen der Schmerzen natürlich. Machte mir nichts, ich konnte ja auch zu ihm fahren. Und so machten wir das auch. Er sagte mir seine Adresse und wir machten aus, dass eine Freundin mich vom Bus abholen sollte. Das Viertel in dem er wohnte, hat den gefährlichsten Ruf in ganz Tana und wahrscheinlich war es ein bisschen naiv gewesen alleine dort hinzufahren ohne genau zu wissen wo das ist. Meine eigenen Zweifel blieben auch nicht aus, als ich dann Ausstieg und niemand da war um mich abzuholen. Lässig stellte ich mich gegen eine Laterne. Fühlte mich aber gar nicht lässig. Eine Weiße, ganz alleine, die nicht weiß wie sie wieder nach hause kommt, an eine Laterne gelehnt im gefährlichsten Viertel Tanas.
Später kam dann seine Freundin. Ich erkannte sie gleich an den bunten Tüchern, die sich alle Komorinen umhängen. Sie führte mich durch tausend Schleichwegen in eine enge Gasse (eine dieser Gassen, die einen Meter breit sind und in dessen Mitte eine Pinkelrinne verläuft, in die man häufig versucht ist reinzufallen) bis wir in eine dunkle Tür gingen. Dunkel war auch der Gang dem wir folgten und das Zimmer, in das wir schließlich gingen. Nachdem ich mich an das Dunkel gewöhnt hatte sah ich Djazaou in einem Stockbett liegen. Ich setzte mich an seine Bettkante wo ich die nächst drei Stunden mit gebückten Rücken und eingezogenen Kopf (wegen dem Bett darüber) sitzen blieb. Das Zimmer war schätzungsweise 7m² groß und dort wohnten neben Djazaou noch 6 Leute. Komorische Studenten. Es gab dort drei Stockbetten, einen Fernseher und kein Fenster. Wir redeten ein bisschen hin und her. Ich wurde geehrt wie eine Göttin. So ein gutes Herz habe ich, dass ich zu ihnen komme und Djazaou besuche. Selbst wenn ich Djazaou nicht finanzielle helfen könne, sei hiermit bereits bewiesen, dass ich edel und weise und was weiß ich nicht alles bin. Ich wurde bekocht und genoss das komorische essen. Es gab Fisch OHNE Reis. Die Komorin, die mich vom Bus abgeholt hatte setzte sich zu mir auf die Bettkante und wir aßen von einem Teller. Das war hier wirklich eine komplett andere Kultur. Das ganze hatte nichts madagassisch an sich. Die Komoren meinte, ich solle zu ihnen auf die Inseln kommen, dort seien die Menschen noch viel gastfreundlicher als hier. Sie machten sich über die Madagassen lustig und der eine hörte nicht auf zu sagen: „Salut Cherie“ (hallo Süße), ein Satz, den mir vor allem besoffene Madagassen, aber auch viele andere, an jeder dritten Straßenecke nachriefen. Es tat gut mal mit ebenfalls „Fremden“ über Madagaskar zu reden. Aber unsere Ansichten waren sehr verschieden.
Über Djazaou fand ich allerdings nicht viel heraus. Wegen ihm war ich gekommen, aber mir wurde gesagt, auf den Komoren erzählt man keine Biografien so mir nichts dir nichts weiter. Das muss erst mit der Familie abgesprochen werden. Na, ich erfuhr (was ich vorher auch schon gewusst hatte) dass er in Tana Recht studiere und einmal Anwalt werden möchte. Er lebe lieber auf den Komoren hoffe aber in Tana ein bisschen Geld machen zu können, um dass an seine Mutter zu schicken.

Nach diesem Tag beschloss ich erst mal eine Weile abzuwarten. Obwohl Djazaou und seine Freunde wirklich ärmlich lebten, hatte auch ich das Netzwerk bemerkt, von dem mir die Madagassen vorher berichtet hatten. Ich wartete also ein paar Wochen und dachte mir, inzwischen hätte sich der Fall sicher schon erledigt.

Ein paar Wochen später bekam ich jedoch eine SMS. Djazaou schrieb, er wolle mich wirklich nicht nach Unterstützung fragen, aber liege jetzt schon mit so großen Schmerzen im Bett und ob ich nicht einen Teil von den Operationskosten übernehmen könne. Da dachte ich mir: wie arrogant war ich eigentlich gewesen. Sitze hier auf meiner Kohle während der arme Djazaou im Bett liegt und auf die Operation wartet. „Noch Ärmere“ findet man wahrscheinlich immer, die das Geld auch brauchen. Ich beschloss sofort ihm 150 Euro von den 250 Euro, die noch übriggeblieben waren zu geben. Nur war ich grad auf Urlaub und sagte, er solle im Krankenhaus einfach sagen ich werde nachher bezahlen. (Ich hatte mich natürlich vorher schon im Krankenhaus nach den Kosten erkundigt). Und so machten wir es dann auch. Djazaou wurde operiert und das ganze ging ganz ohne mein zutun von statten. Und das auch erfolgreich.

Nach der Operation
Ich traf Djazaou als ich dann in Tana zurück war. Eines Abends besuchte er mich. Er sah lieb aus. Hatte einen Rock an (wie die Komoren es eben oft tragen) und kam von zwei Freunden gestützt unsere Marktstraße hinaufgehinkelt. Er war wirklich dankbar. Hatte mir zwei Seiten Lebenslauf getippt und Fotos von vor, während und nach der Operation mitgebracht. Das ganze also wirklich gut „für seine Sponsoren“ dokumentiert. Er sagte, wir hätten nicht nur ein Leben, sondern sogar neben seinem auch noch das seiner Mutter, nein, sogar seiner ganzen Familie gerettet.

Das war wirklich schön. Ich hab leider die Fotos und den Lebenslauf in dem ganzen Wirrwarr in Madagaskar liegen gelassen. Vielleicht kommen sie bald mit der Post. Das tut mir wirklich leid. Ich wollte euch so gerne die Fotos zeigen.

Ich bin ausserdem sehr froh Kontakt mit Komoren gehabt zu haben. Da ich in meinem Viertel sehr viel Respekt genoss, bin ich vielleicht einer dieser Brückenschläger, die Kontakt zwischen Madagassen und Komoren herstellen (immerhin schauten mir meine Nachbarn mit großen Augen nach, als ich Djazaou mit seinen Freunden über unsere Straße führen). Ich lud Djazaou dann nach langem überlegen auch zu meiner Abschlussfeier ein und er kam sogar eine Weile vorbei.

Zweite Aktion – Geld für Viva Club
Den Viva Club und seine Jungs hatte ich auch schon am Anfang meiner Reise kennen gelernt. Edson, ein Mitarbeiter des „Service du Toxicomanie“, hatte den Fusssballclub Viva vor einigen Jahren ins Leben gerufen und es lag ihm sehr am Herzen mit das ganze vorzustellen. Ich habe euch bereits einmal von Edson erzählt: er ist der Mitarbeiter mit dieser wirklich armen Familie, die ich am Stadtrand besucht hatte (die nicht einmal Wasser, Strom oder gar Stühle und einen Tisch hatten). Bei meinem ersten Besuch von Edson fand ich sein Auftreten ein bisschen aufdringlich. Er hatte mir gesagt wir gehen seine Familie besuchen, schleppte mich dann aber aufs Fussballfeld wo mir 50 Jungs auf schlechten Englisch Fragen stellen sollten. Gleich danach fragte er immer und immer wieder, ob ich nicht Geld für den Club auftreiben könnte („Du Pia, unsere beste Freundin, kannst uns vielleicht helfen. Wenn nicht, macht das natürlich auch nichts. Du bist trotzdem unsere beste Freundin. Aber…“). Obwohl ich anfangs sehr abgeneigt war (ich kam mir ein bisschen ausgenützt vor) beeindruckte mich seine Arbeit trotzdem sehr. Edson hatte vor einigen Jahren Viva Club gegründet mit dem Ziel Burschen von Drogen fernzuhalten, ihnen beizubringen auf ein Ziel hin zu arbeiten, Durchhaltungskraft und Teamgeist zu entwickeln und natürlich, den Glauben an Gott und Jesus zu stärken. In den wenigen Jahren in denen die Jungs inzwischen gemeinsam spielen (Edson hat inzwischen schon Mannschaften in allen Altersgruppen aufgebaut) hat die 1. Jugend bereits drei mal an den madagassischen Meisterschaften teilgenommen und einmal sogar den 1. Preis gewonnen.
Als ich den Club das erste mal besuchte sah das ganze so aus: auf einer großen Wiese, gleich neben einem mit Stacheldraht abgezäunten, stillgelegten Übungsplatz des Militärs rannten ungefähr 100 Burschen zwischen 3 und 20 Jahren herum und machten verschiedenen Übungen. Sie waren in ihre Mannschaften aufgeteilt, konnten aber nicht alle Fußball spielen, weil es nur zwei Bälle für sie alle gab. Edson erzählte mir außerdem, dass die meisten keine Schuhe hatten.

viva1
die wahren Meister des Fussballspielens...

Bei meinem nächsten Besuch sprach ich dann mit einigen von ihnen. Sie waren wirklich bettelarm. Die meisten bekommen nicht genug zu essen, müssen teilweise für eine Strecke zur Schule zwei Stunden zu Fuß gehen (weil sie kein Geld für den Buss haben) und gehen zusätzlich oft noch arbeiten (zum Beispiel auf Baustellen, wo sie an einem harten Arbeitstag ungefähr einen Euro verdienen).

Nach diesem Treffen dachte ich sofort daran Patenschaften aufzubauen. Das war mir wirklich ein sehr großes Anliegen und ich schmiedete schon viele Pläne wie wir das ganze anstellen könnten. Aber es stellte sich natürlich um einiges komplizierter heraus als erdacht (aber zu diesem Kapitel hab ich ja bereits einen Beitrag geschrieben). Wir hätten eine richtige Organisation gründen müssen, damit das gespendete Geld wirklich an der richtigen Stelle ankommt. Ausserdem hätte das ganze wirklich gut durchgeplant werden müssen. (Zum Beispiel hätten wir nicht einfach Busgeld zur Verfügung stellen können, sondern hätten Fahrräder kaufen müssen. Wir hätten jeden Monat überprüfen müssen, ob es die Fahrräder noch gibt usw…). Sehr kompliziert also.

Im Endeffekt wurden dann einfach nur 100 Euro an den Club gespendet. Schon das allein war kompliziert genug. Ich lies Edson als erstes einen Kostenaufstellung schreiben, in der er Angab was er vor hatte mit dem Geld zu kaufen. Dann überreichte ich ihm im Beisein einer Ärztin feierlich das Geld (mit unterschreiben usw.) und am nächsten Tag brachte er mir die Rechnung.
Insgesamt kaufte Edson:
- 2 Fußbälle
- 8 Paar Fußballschuhe (mit genausten Größenangaben)

Er gab mir auch noch einige Fotos und eine Korbtasche für euch, seine Spender, mit. Hier die Fotos und die Tasche:

tasche1

tasche2

tasche3

Trikots gesucht!

Edson blieb aber noch immer hartnäckig! (So war er ja bereits am ersten Tag gewesen!). Er wünscht sich heute noch Fußballtrikots für seine Jungs (egal mit welchen Aufschriften etc. Hauptsache einheitlich.) Wenn also irgendwer von euch alte Trikots auftreiben könnte, würden sich 100 Jungs in Madagaskar riesig darüber freuen!!! (Wir brauchen natürlich nicht gleich 100 Trikots. 12 wären auch schon super!)

Fotos von Lala und weiter Spendenaktionen (und mein Leben jetzt)
Am Ende dieses Spendenberichts möchte ich euch noch Fotos von Lala und ihrer Operation zeigen! Es war mir bis jetzt nicht möglich gewesen sie ins Internet zu stellen, aber hier sind sie nun endlich!
Zusätzlich sind zwei weitere Spendenaktionen in Planung. Diesmal wirklich Patenschaften. Ein kleines Mädchen aus Indien sucht einen Paten um zur Schule gehen zu können und ein kleiner Bursche aus Madagaskar ebenfalls (der weiß nur noch nichts davon. Aber ich würde ihm gerne dieses Weihnachtsgeschenk machen!). Aber zu diesen Aktionen wird es hier bald noch einen link auf eine neue Seite geben. Die muss ich aber erst erstellen!
…ach ja, wenn ichs irgendwann schaffe wird es auch bald Berichte über mein Praktikum hier in Wien, im Krankenhaus Hietzing geben (dort arbeite ich jetzt schon seit einem Monat). Die Arbeit ist sehr, sehr anders als die in Madagaskar. Teilweise ist mir das Leben und die Strukturen hier mindestens genauso fremd wie Madagaskar. Aber dazu ein andernmal!
Um euch noch kurz von Witten zu berichten: Ja, ich wurde wirklich auf meine Traumuni aufgenommen. Wahnsinn. Ich hatte wirklich schon gar nicht mehr daran geklaubt. Hatte mir gedacht ich hätte viel Blödsinn bei meinen Interviews geredet. Ausserdem wär es mir inzwischen auch echt lieb gewesen in Wien zu bleiben. Aber – jetzt wo ich die Zusage bekommen habe – ich kann vor Spannung kaum noch still sitzen. Ende März fange ich wirklich schon zum studieren an. Und ich weiß sogar schon mit wem ich in eine WG ziehen werde. …aber zu all dem wirklich ein anderes mal. Das hat jetzt echt nichts mit Madagaskar zu tun. Hier jetzt endlich die Fotos von Lala:

lala1
Lala vor der Operation mit ihren Verwandten

lala2
links Lalas Vater und rechts ihr Onkel

lala3
Lala während der Operation

lala4
Ebenfalls während der Operation

lala5
....Operation glücklich überstanden! (Lala mit Papa)

lala6
Lala mit.... Pia

lala7
und noch einmal Lala mit ihrer Mutter (frisch vom Dorf angereist!)

Aktuelle Beiträge

Spenden usw.
Weihnachten naht! Ich sitze hier in meinem...
Pia.H - 8. Dez, 02:30
*tröööötttttttt* jippie!danke...
*tröööötttttttt* jippie!danke und glückwünsche an sie!
Kaweechelchen - 1. Dez, 23:42
JA, pia hat den studienplatz
in herdecke bekommen. (ist total glücklich, verdienter-...
eduard hartmann - 30. Nov, 15:35
Weißt du schon neues,...
Weißt du schon neues, wegen deinem Studienplatz?
Kaweechelchen - 9. Nov, 22:53
ersten Eindrücke aus...
….ich schreibe nach zweieinhalb Wochen Österreich....
Pia.H - 8. Nov, 21:30

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6513 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 4. Sep, 02:01

Credits


commecicommeca
hospital
madagascar
people
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren