Freitag, 8. Dezember 2006

Spenden usw.

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Weihnachten naht! Ich sitze hier in meinem Zimmer, draußen stürmt es, ist dunkel, und ich versuche mich ins warme Madagaskar zurück zu versetzten. Hier in Wien bahnen sich die nächsten Hilfskationen an, und ich habe noch nicht mal allen Leuten von unsere Aktionen aus Madagaskar erzählt. (Ich glaube ich habe schon mit allen, die gespendet habe gesprochen, aber es gibt ja sicher noch ein paar Leute, die von unserem Erfolg hören wollen ).
…also bevor ich jetzt zu allen Neuigkeiten von hier komme, erst mal zurück ins warme Madagaskar.

Es war glaube ich August, als ich das erste mal um Hilfe, für unsere kleine Lala aufrief. Lala hatte einen Augentumor und ich bat euch (Freunde aus Europa) um die Unterstützung von 50 Euro damit die lokalen Ärzte bei uns im Spital in Madagaskar Lala operieren könnten. Aber ihr spendete nicht nur 50 Euro, sondern gleich 300 und so kam es, dass noch zwei weitere Aktionen angeleitet wurden.
Wir zahlten noch eine weitere Operation für Djazaou, einem Studenten von den Komoren (vier kleinen Inseln nordwestlich Madagaskars), und spendeten dem Fußballclub neben dem Krankenhaus neue Schuhe und Bälle. Zuerst werde ich euch von Djazaou erzählen.

Wie es zum Kontakt mit Djazaou kam!
Ich kannte Djazaou schon relativ lange. Er war eines Tages mit einer Freundin, die Probleme im Unterbauch hatte, ins Krankenhaus gekommen und so hatten wir uns kennen gelernt. Schon längst vergessen, war ich dann verwundert als er eines Tages selber in einem Krankenbett lag. Seine Nieren seien nicht in Ordnung und müssten bald operiert werden, erzählte er mir. Aber er habe kein Geld, sei nur wegen den zu großen Schmerzen ins Krankenhaus gekommen und gehe am nächsten Tag wieder nach hause, weil auch seine Freunde, die im den Aufenthalt jetzt zahlten, dann nicht mehr zahlen könnten. Ich war noch in dieser „Wohltäter-Euophorie“, und sagte gleich vielleicht könnte ich helfen. Das war vielleicht nicht so gut. Ich wusste ja noch gar nicht ob seine Storys wahr waren oder nicht.
Als ich am Abend zu hause war erzählte ich. Erzählte von Djazaou und seinen Freunden, von seinem Leben in Madagaskar und von meinen Plänen. Das war wahrscheinlich schon wieder falsch gewesen. Wie ich später lernte, mögen die Madagassen die Komoren nicht. Auf den Komoren gibt es keine Universitäten und keine Krankenhäuser, daher kommen die Komoren, die es sich leisten können, nach Antananarivo um die dortige Infrastruktur zu nutzen. In Tana bleiben sie meist unter sich (es gibt richtige Viertel von ihnen) und es gibt kaum Verbindungen zwischen Madagassen und Komoren. Dazu kommt, dass die Komoren moslimisch, und die Madagassen christlich sind.
Ich erzählte also zu hause von Djazaou. Mir wurde abgeraten die Operation zu sponsorn. Die Komoren hätten gute Kontakte, große Familien, und ein funktionierendes Netzwerke um Dinge wie diese zu finanzieren.
Ich beschloss mir die Sache selber anzuschauen, mit Djazaou zu reden und ihn nach seiner Geschichte zu fragen.
Ich rief ihn an und er sagte mir, er könne nicht zu mir kommen weil er im Bett liege. Bewegungsunfähig. Wegen der Schmerzen natürlich. Machte mir nichts, ich konnte ja auch zu ihm fahren. Und so machten wir das auch. Er sagte mir seine Adresse und wir machten aus, dass eine Freundin mich vom Bus abholen sollte. Das Viertel in dem er wohnte, hat den gefährlichsten Ruf in ganz Tana und wahrscheinlich war es ein bisschen naiv gewesen alleine dort hinzufahren ohne genau zu wissen wo das ist. Meine eigenen Zweifel blieben auch nicht aus, als ich dann Ausstieg und niemand da war um mich abzuholen. Lässig stellte ich mich gegen eine Laterne. Fühlte mich aber gar nicht lässig. Eine Weiße, ganz alleine, die nicht weiß wie sie wieder nach hause kommt, an eine Laterne gelehnt im gefährlichsten Viertel Tanas.
Später kam dann seine Freundin. Ich erkannte sie gleich an den bunten Tüchern, die sich alle Komorinen umhängen. Sie führte mich durch tausend Schleichwegen in eine enge Gasse (eine dieser Gassen, die einen Meter breit sind und in dessen Mitte eine Pinkelrinne verläuft, in die man häufig versucht ist reinzufallen) bis wir in eine dunkle Tür gingen. Dunkel war auch der Gang dem wir folgten und das Zimmer, in das wir schließlich gingen. Nachdem ich mich an das Dunkel gewöhnt hatte sah ich Djazaou in einem Stockbett liegen. Ich setzte mich an seine Bettkante wo ich die nächst drei Stunden mit gebückten Rücken und eingezogenen Kopf (wegen dem Bett darüber) sitzen blieb. Das Zimmer war schätzungsweise 7m² groß und dort wohnten neben Djazaou noch 6 Leute. Komorische Studenten. Es gab dort drei Stockbetten, einen Fernseher und kein Fenster. Wir redeten ein bisschen hin und her. Ich wurde geehrt wie eine Göttin. So ein gutes Herz habe ich, dass ich zu ihnen komme und Djazaou besuche. Selbst wenn ich Djazaou nicht finanzielle helfen könne, sei hiermit bereits bewiesen, dass ich edel und weise und was weiß ich nicht alles bin. Ich wurde bekocht und genoss das komorische essen. Es gab Fisch OHNE Reis. Die Komorin, die mich vom Bus abgeholt hatte setzte sich zu mir auf die Bettkante und wir aßen von einem Teller. Das war hier wirklich eine komplett andere Kultur. Das ganze hatte nichts madagassisch an sich. Die Komoren meinte, ich solle zu ihnen auf die Inseln kommen, dort seien die Menschen noch viel gastfreundlicher als hier. Sie machten sich über die Madagassen lustig und der eine hörte nicht auf zu sagen: „Salut Cherie“ (hallo Süße), ein Satz, den mir vor allem besoffene Madagassen, aber auch viele andere, an jeder dritten Straßenecke nachriefen. Es tat gut mal mit ebenfalls „Fremden“ über Madagaskar zu reden. Aber unsere Ansichten waren sehr verschieden.
Über Djazaou fand ich allerdings nicht viel heraus. Wegen ihm war ich gekommen, aber mir wurde gesagt, auf den Komoren erzählt man keine Biografien so mir nichts dir nichts weiter. Das muss erst mit der Familie abgesprochen werden. Na, ich erfuhr (was ich vorher auch schon gewusst hatte) dass er in Tana Recht studiere und einmal Anwalt werden möchte. Er lebe lieber auf den Komoren hoffe aber in Tana ein bisschen Geld machen zu können, um dass an seine Mutter zu schicken.

Nach diesem Tag beschloss ich erst mal eine Weile abzuwarten. Obwohl Djazaou und seine Freunde wirklich ärmlich lebten, hatte auch ich das Netzwerk bemerkt, von dem mir die Madagassen vorher berichtet hatten. Ich wartete also ein paar Wochen und dachte mir, inzwischen hätte sich der Fall sicher schon erledigt.

Ein paar Wochen später bekam ich jedoch eine SMS. Djazaou schrieb, er wolle mich wirklich nicht nach Unterstützung fragen, aber liege jetzt schon mit so großen Schmerzen im Bett und ob ich nicht einen Teil von den Operationskosten übernehmen könne. Da dachte ich mir: wie arrogant war ich eigentlich gewesen. Sitze hier auf meiner Kohle während der arme Djazaou im Bett liegt und auf die Operation wartet. „Noch Ärmere“ findet man wahrscheinlich immer, die das Geld auch brauchen. Ich beschloss sofort ihm 150 Euro von den 250 Euro, die noch übriggeblieben waren zu geben. Nur war ich grad auf Urlaub und sagte, er solle im Krankenhaus einfach sagen ich werde nachher bezahlen. (Ich hatte mich natürlich vorher schon im Krankenhaus nach den Kosten erkundigt). Und so machten wir es dann auch. Djazaou wurde operiert und das ganze ging ganz ohne mein zutun von statten. Und das auch erfolgreich.

Nach der Operation
Ich traf Djazaou als ich dann in Tana zurück war. Eines Abends besuchte er mich. Er sah lieb aus. Hatte einen Rock an (wie die Komoren es eben oft tragen) und kam von zwei Freunden gestützt unsere Marktstraße hinaufgehinkelt. Er war wirklich dankbar. Hatte mir zwei Seiten Lebenslauf getippt und Fotos von vor, während und nach der Operation mitgebracht. Das ganze also wirklich gut „für seine Sponsoren“ dokumentiert. Er sagte, wir hätten nicht nur ein Leben, sondern sogar neben seinem auch noch das seiner Mutter, nein, sogar seiner ganzen Familie gerettet.

Das war wirklich schön. Ich hab leider die Fotos und den Lebenslauf in dem ganzen Wirrwarr in Madagaskar liegen gelassen. Vielleicht kommen sie bald mit der Post. Das tut mir wirklich leid. Ich wollte euch so gerne die Fotos zeigen.

Ich bin ausserdem sehr froh Kontakt mit Komoren gehabt zu haben. Da ich in meinem Viertel sehr viel Respekt genoss, bin ich vielleicht einer dieser Brückenschläger, die Kontakt zwischen Madagassen und Komoren herstellen (immerhin schauten mir meine Nachbarn mit großen Augen nach, als ich Djazaou mit seinen Freunden über unsere Straße führen). Ich lud Djazaou dann nach langem überlegen auch zu meiner Abschlussfeier ein und er kam sogar eine Weile vorbei.

Zweite Aktion – Geld für Viva Club
Den Viva Club und seine Jungs hatte ich auch schon am Anfang meiner Reise kennen gelernt. Edson, ein Mitarbeiter des „Service du Toxicomanie“, hatte den Fusssballclub Viva vor einigen Jahren ins Leben gerufen und es lag ihm sehr am Herzen mit das ganze vorzustellen. Ich habe euch bereits einmal von Edson erzählt: er ist der Mitarbeiter mit dieser wirklich armen Familie, die ich am Stadtrand besucht hatte (die nicht einmal Wasser, Strom oder gar Stühle und einen Tisch hatten). Bei meinem ersten Besuch von Edson fand ich sein Auftreten ein bisschen aufdringlich. Er hatte mir gesagt wir gehen seine Familie besuchen, schleppte mich dann aber aufs Fussballfeld wo mir 50 Jungs auf schlechten Englisch Fragen stellen sollten. Gleich danach fragte er immer und immer wieder, ob ich nicht Geld für den Club auftreiben könnte („Du Pia, unsere beste Freundin, kannst uns vielleicht helfen. Wenn nicht, macht das natürlich auch nichts. Du bist trotzdem unsere beste Freundin. Aber…“). Obwohl ich anfangs sehr abgeneigt war (ich kam mir ein bisschen ausgenützt vor) beeindruckte mich seine Arbeit trotzdem sehr. Edson hatte vor einigen Jahren Viva Club gegründet mit dem Ziel Burschen von Drogen fernzuhalten, ihnen beizubringen auf ein Ziel hin zu arbeiten, Durchhaltungskraft und Teamgeist zu entwickeln und natürlich, den Glauben an Gott und Jesus zu stärken. In den wenigen Jahren in denen die Jungs inzwischen gemeinsam spielen (Edson hat inzwischen schon Mannschaften in allen Altersgruppen aufgebaut) hat die 1. Jugend bereits drei mal an den madagassischen Meisterschaften teilgenommen und einmal sogar den 1. Preis gewonnen.
Als ich den Club das erste mal besuchte sah das ganze so aus: auf einer großen Wiese, gleich neben einem mit Stacheldraht abgezäunten, stillgelegten Übungsplatz des Militärs rannten ungefähr 100 Burschen zwischen 3 und 20 Jahren herum und machten verschiedenen Übungen. Sie waren in ihre Mannschaften aufgeteilt, konnten aber nicht alle Fußball spielen, weil es nur zwei Bälle für sie alle gab. Edson erzählte mir außerdem, dass die meisten keine Schuhe hatten.

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die wahren Meister des Fussballspielens...

Bei meinem nächsten Besuch sprach ich dann mit einigen von ihnen. Sie waren wirklich bettelarm. Die meisten bekommen nicht genug zu essen, müssen teilweise für eine Strecke zur Schule zwei Stunden zu Fuß gehen (weil sie kein Geld für den Buss haben) und gehen zusätzlich oft noch arbeiten (zum Beispiel auf Baustellen, wo sie an einem harten Arbeitstag ungefähr einen Euro verdienen).

Nach diesem Treffen dachte ich sofort daran Patenschaften aufzubauen. Das war mir wirklich ein sehr großes Anliegen und ich schmiedete schon viele Pläne wie wir das ganze anstellen könnten. Aber es stellte sich natürlich um einiges komplizierter heraus als erdacht (aber zu diesem Kapitel hab ich ja bereits einen Beitrag geschrieben). Wir hätten eine richtige Organisation gründen müssen, damit das gespendete Geld wirklich an der richtigen Stelle ankommt. Ausserdem hätte das ganze wirklich gut durchgeplant werden müssen. (Zum Beispiel hätten wir nicht einfach Busgeld zur Verfügung stellen können, sondern hätten Fahrräder kaufen müssen. Wir hätten jeden Monat überprüfen müssen, ob es die Fahrräder noch gibt usw…). Sehr kompliziert also.

Im Endeffekt wurden dann einfach nur 100 Euro an den Club gespendet. Schon das allein war kompliziert genug. Ich lies Edson als erstes einen Kostenaufstellung schreiben, in der er Angab was er vor hatte mit dem Geld zu kaufen. Dann überreichte ich ihm im Beisein einer Ärztin feierlich das Geld (mit unterschreiben usw.) und am nächsten Tag brachte er mir die Rechnung.
Insgesamt kaufte Edson:
- 2 Fußbälle
- 8 Paar Fußballschuhe (mit genausten Größenangaben)

Er gab mir auch noch einige Fotos und eine Korbtasche für euch, seine Spender, mit. Hier die Fotos und die Tasche:

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Trikots gesucht!

Edson blieb aber noch immer hartnäckig! (So war er ja bereits am ersten Tag gewesen!). Er wünscht sich heute noch Fußballtrikots für seine Jungs (egal mit welchen Aufschriften etc. Hauptsache einheitlich.) Wenn also irgendwer von euch alte Trikots auftreiben könnte, würden sich 100 Jungs in Madagaskar riesig darüber freuen!!! (Wir brauchen natürlich nicht gleich 100 Trikots. 12 wären auch schon super!)

Fotos von Lala und weiter Spendenaktionen (und mein Leben jetzt)
Am Ende dieses Spendenberichts möchte ich euch noch Fotos von Lala und ihrer Operation zeigen! Es war mir bis jetzt nicht möglich gewesen sie ins Internet zu stellen, aber hier sind sie nun endlich!
Zusätzlich sind zwei weitere Spendenaktionen in Planung. Diesmal wirklich Patenschaften. Ein kleines Mädchen aus Indien sucht einen Paten um zur Schule gehen zu können und ein kleiner Bursche aus Madagaskar ebenfalls (der weiß nur noch nichts davon. Aber ich würde ihm gerne dieses Weihnachtsgeschenk machen!). Aber zu diesen Aktionen wird es hier bald noch einen link auf eine neue Seite geben. Die muss ich aber erst erstellen!
…ach ja, wenn ichs irgendwann schaffe wird es auch bald Berichte über mein Praktikum hier in Wien, im Krankenhaus Hietzing geben (dort arbeite ich jetzt schon seit einem Monat). Die Arbeit ist sehr, sehr anders als die in Madagaskar. Teilweise ist mir das Leben und die Strukturen hier mindestens genauso fremd wie Madagaskar. Aber dazu ein andernmal!
Um euch noch kurz von Witten zu berichten: Ja, ich wurde wirklich auf meine Traumuni aufgenommen. Wahnsinn. Ich hatte wirklich schon gar nicht mehr daran geklaubt. Hatte mir gedacht ich hätte viel Blödsinn bei meinen Interviews geredet. Ausserdem wär es mir inzwischen auch echt lieb gewesen in Wien zu bleiben. Aber – jetzt wo ich die Zusage bekommen habe – ich kann vor Spannung kaum noch still sitzen. Ende März fange ich wirklich schon zum studieren an. Und ich weiß sogar schon mit wem ich in eine WG ziehen werde. …aber zu all dem wirklich ein anderes mal. Das hat jetzt echt nichts mit Madagaskar zu tun. Hier jetzt endlich die Fotos von Lala:

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Lala vor der Operation mit ihren Verwandten

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links Lalas Vater und rechts ihr Onkel

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Lala während der Operation

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Ebenfalls während der Operation

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....Operation glücklich überstanden! (Lala mit Papa)

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Lala mit.... Pia

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und noch einmal Lala mit ihrer Mutter (frisch vom Dorf angereist!)

Mittwoch, 8. November 2006

ersten Eindrücke aus Österreich

….ich schreibe nach zweieinhalb Wochen Österreich. Inzwischen schon wieder halbwegs eingelebt, aber noch verwirrt von den Menschen hier – und natürlich von mir. Ich schreibe so spät, weil ich unendlich langsam geworden bin. Vollkommen uneffizient. Möchte so viele Sachen machen, aber chill eigentlich nur den ganzen Tag. Mein Zimmer schaut aus wie Sau. Und es ist mir egal. Ich schaff’s einfach nicht es aufzuräumen. Jedes Mal wenn ich mir mal wieder vornehme Ordnung zu schaffen, bleibe ich vor meiner Anlage stehen, spiele tausend verschiedene CDs, blättere durch mein Bücherregal, geh einfach nur spazieren (vom Bett zum Schrank, und zurück zum Bett), schaue meinen Kleiderschrank durch, beobachte den Herbst durch mein Fenster, warte auf den Winter und freu mich über den ersten Schnee oder ruf einfach nur ein paar Freunde an und treffe mich dann mit ihnen im schönen Wien.
Das erste Mal in meinem Leben hab ich mir eine Monatfahrskarte für Wien gekauft. – Früher bin ich immer schwarzgefahren -. Aber ich glaube ich habe es verlernt mit den Kontrolleuren umzugehen. Weiß nicht mehr, wie sich eine cachierte Schwarzfahrerin verhält. Muss erst die europäische Menschen wieder einschätzen lernen.
Das Leben hier ist so einfach. Ich hatte das schon vergessen.
In Madagaskar wurde ich oft gefragt, wie das Leben hier ist. Ob wir es leicht haben oder nicht. Und dann hab ich immer gesagt: ja, wir haben viel Luxus aber wir müssen genauso kämpfen wie ihr. Wir haben auch viele Probleme und arbeiten hart. – aber jetzt wo ich hier bin, fällt mir erst wirklich auf wie gut es uns geht. Der Luxus ist so groß. Wir haben so viele Freiheiten. Können tun was wir wollen. Und ich nutzt es voll aus. Gehe viel feiern, setzt mich oft ins Kaffeehaus, gehe einfach mal im Wald laufen, nehm das Auto und besuch Freunde… - alles Sachen die ich in Madagaskar nicht machen konnte, weil es einfach nichts gibt. Gibt nichts zum weggehen, gibt keine Kaffeehäuser, die Luft ist so verschmutzt in Tana dass man nicht laufen gehen kann, das Benzin viel zu teuer um die Autso zu benutzen und das öffentliche Verkehrssystem nur bis um 19:30 aktiv.
Ich genieße den Herbst, den Regen und den ersten Schneefall. Ich habe genug von Sonne. Fast vier Monate schönes Wetter, dass ist mir zu happypeppy. Wirklich wahr. Wie komisch das auch klingt: Ich glaube der Mangel unser vier Jahreszeiten wäre der erste Grund warum ich nicht dauerhaft in Madagaskar bleiben könnte.
Aber auch der Fortschritt haut mich vom Hocker. Der Bahnhof wurde umgebaut (es gibt es eingezäumte Fahrradständer), auch die Züge wurden ausgetauscht, die Post ist renoviert und überall schießen neue Gebäude aus dem Boden. – ja auch in Madagaskar gibt es Baustellen. Aber nichts bewegt sich. Das Geld fehlt. Man fängt eine Sache an, kann sie aber nicht zu Ende bringen. Die Mittel fehlen. (und das nicht nur bei Straßen, Häusern, Wasserleitungen etc., sondern auch bei Ausbildungen. Die Schule, das Studium, die Fortbildungen müssen ständig abgebrochen werden weil es kein Geld mehr gibt).

Ich hatte Angst, die Menschen hier in Österreich würden mir gestresst, kleinkariert, kompliziert und unfreundlich vorkommen. Aber bist jetzt hat sich das gar nicht bestätigt. (Außer unser Nachbar – der ist wie immer der gleiche geblieben. Hat uns gleich nach meiner Ankunft ein Ei aufs Autodach geschmissen). Aber sonst? Gleich am ersten Tag hat eine Frau ihr Autofenster heruntergekurbelt und mir über die Straße zugerufen, wie schön sie meine Frisur findet. Ich habe mich lange mit einem alten Mann über das Laub dieses Jahr unterhalten und der freundliche Angestellte in der Bank hat sich außerordentlich reizend um meine geklauten Bankomatkarte gekümmert. Ich war wirklich gerührt. Vorher noch, in Madagaskar, hatte ich einen Monat gebraucht bis ich endlich meinen Flug rückbestätigt hatte. Die Angestellten zu langsam und unkompetent, das Land zu arm und unterentwickelt um guten Service leisten zu können (so reicht das Geld nicht aus, um für mich von einem Air France Büro zum anderen zu telefonieren um meinen Flug rück zu bestätigen). Und hier, wir haben einfach alles.
Ich schleudere auch nur so mit dem Geld um mich. In Madagaskar war es mir zu teuer gewesen eine kleine Plastikflasche Wasser für 15 Cent zu kaufen. Es war mir zu teuer gewesen meine Fotos entwickeln zu lassen (ebenfalls 15 Cent pro Stück). Auch Schokolade und Milchprodukte waren mir zu teuer gewesen. Es stand einfach in keinem Verhältnis. Ich konnte nicht viel Geld ausgeben, wenn ich an die vielen Kranken im Spital dachte. Oder Nzato, der kleine Junge vom Fußballverein der täglich 4 Stunden Fußmarsch für seinen Schulweg hinter sich bringt, weil das Geld für den Bus nicht reicht (10 Cent pro Fahrt). Aber hier? Wir geben schon beim weggehen 10 Euro pro Abend aus. Düsen mit dem Auto in die Stadt und zurück. Gehen ins Kino, in Konzerte. Heizen unserer Häuser, gehen warm duschen.
Und ich genieße es alles. Habe kein schlechtes Gewissen und wundere mich oft selbst darüber. Es ist einfach ein riesiges Glück in der westlichen Hemisphäre geboren worden zu sein. Wir sind alle Glückskinder. Ich habe mir diesen Reichtum nicht ausgesucht (wurde einfach hinein geboren), muss mich also auch nicht dafür schämen sondern versuche einfach alles 200% zu schätzen.

Und trotzdem, auch wenn ich noch weitere Lobeshymnen über Europa singen könnte, ich vermisse doch auch so vieles. Wo sind die Menschen auf der Straße? Wo sind die Gesänge der Nachbarkinder? Wo, der ständige Optimismus? Wo das Vertrauen in sein Schicksal – und natürlich Gott? Wo die Großfamilie, die ständig für einen da ist? Wo die vielen freundlichen Gesichter die ständig lachen und grüßen und für die es keinen schlechten Tag gibt?
Unsere Welt ist doch oft so verkehrt, so unnatürlich und abstrakt. Wenn ich die Zeitung lese, dann fällt es mir so richtig auf. Vor kurzen – ein Artikel über das Stillen. Unsere Frauen habe verlernt ihre Kinder zu stillen. Wir müssen schnellstens Kurse dafür einrichten. Oder die Gesundheitsministerin Rauch Kallat: empfiehlt jedem Österreicher Schutzmasken gegen eventuelle Grippeviren aufzusetzen. Auch ein Soziologe befürwortet beim Ausbruch der Grippeepidemie, das traditionelle Händeschütteln abzuschaffen. Die Ansteckungsgefahr sei zu groß.

Da bin ich also wieder, in Europa und erlebe eine völlig verdrehte Welt. Ich habe bereits mein Praktikum hier im Spital in Wien angefangen, und auch diese Arbeit ist um 180° anders. Wir waschen und füttern alte Leute, die niemanden mehr haben der sich um sie kümmert. Wir rollen sie von der einen Seite auf die andere. Wir bringen ihnen drei Mal am Tag essen, öffnen das Fenster wenn es zu heiß ist, streicheln und peppeln sie. – Für einen Madagassen wäre das ein 5-Sterne Hotel. Doch hier? Niemand ist glücklich in seiner Rolle. Das Essen ist schlecht, laut Kranken die Pfleger eine Zumutung. (Nach der Frage warum das so sei die Antwort: „na schauns doch. Das sind ja alles Ausländer“). Wirklich ein trauriger Anblick. Aber mir macht die Arbeit sehr viel Spaß. Das Ärzte- und Pflegerteam ist wirklich nett und unsere Arbeit sehr sinnvoll.

Ich hätte noch so viel zum schreiben, aber versuche jetzt erst mal die letzten beiden Wochen in Madagaskar Revue passieren zu lassen bevor sie aus meiner Erinnerung verschwinden. – aber leider ist es jetzt schon wieder zu spät und ich werd hoffentlich am Wochenende wieder mal Zeit finden weiter zu schreiben!

Sonntag, 22. Oktober 2006

Wieder dahoam!

Bin wieder dahoam! ...und gleich mit dem madagassischen Grippevirus. Deshalb schreib ich jetzt auch nicht so viel, auch wenn es so viel zu berichten gibt. Ich pack das Leben hier nicht mehr. Wahnsinn.
Aber schaut einfach in den nächsten Tagen noch mal drauf, weil ich muss euch doch erzählen was mit unserem Spendengeld passiert ist! ...ist glaub es ist sehr gut angelegt!
Sorry Igelborste, ich kann dich grad nicht einordnen. Wer bist du?

Dienstag, 10. Oktober 2006

lange reise

…und noch immer nicht hab ich mich von dieser ewigen Busfahrt erholt… Aber ich versuch wieder mal am Anfang anzufangen. Ich erinnere mich:


Erstes Treffen mit Mamy…
Nachdem wir Rados Geburtstag gefeiert hatten, fuhren wir gleich anschließend zum Flughafen um Mamy abzuholen. Ich hatte keine Ahnung wie Mamy ausschaut, außer, so sagte man mir, dass sie klein sei. Als sie dann endlich ankam, war sie ganz anders als ich sie mir vorgestellt hatte (nicht das ich mir konkret was vorgestellt hatte, aber hät ichs getan wärs ganz anders gewesen). Außer dass sie klein ist, ist sie eine recht harte Raucherin, redet viel, lacht viel und regt sich schnell auf (auf jedem Fall wird einem mit ihr niemals langweilig). Ihr Sohn, Tiana, ist 27 Jahre alt, Schweizer Karatemeister, und sehr, sehr schweigsam. Mamy hatte ihm erst eine Woche vor ihrem Abflug von der Reise erzählt. Tiana war bis er 13 Jahre alt war in Madagaskar aufgewachsen und später dann mit seiner Mutter in die Schweiz gezogen und seit dem nicht mehr nach Madagaskar gekommen. Hier waren sie also, die beiden, und ebenso wie Mamy ihrem Sohn erst so kurzfristig von der Reise erzählt hatte, hatte sie niemandem in Madagaskar von ihrer Ankunft berichtet. Der Mann von ihrem zweiten Sohn (sie hat drei Kinder), auch Madagasse, sollte sie vom Flughafen abholen aber (da sie ihm erst einen Tag vorher Bescheid gesagt hatte) verschlief er wir mussten lange auf ihn warten. Als er dann endlich da war, haben wir die beiden noch ins Hotel gebracht und dann bin ich nach hause und todmüde ins Bett gefallen.

Mamy überrascht ihren Bruder…

Am nächsten Morgen (am Sonntag) bin ich dann in die Stadt gefahren um Mamy im Hotel zu treffen. Als ich in ihr Zimmer kam schlief ihr Sohn Tiana noch, laut schnarchend, und neben ihm auf einem Sessel saß ein bärtiger Mann, der, so sagte mir Mamy, Tianas leiblicher Vater war. Gestern war sie mir nichts dir nichts mit Tiana zu seinem Haus gefahren um ihn nach 13 Jahren Funkstille mal wieder seinen Sohn sehen zu lassen. Mamy ist immer für Überraschungen gut…. Hihi!
Wir sind dann zu dritt (Mamy, Tianas Vater und ich) runter in das Cafe des Hotels gegangen um zu Frühstücken. Mamy war ziemlich wütend. Sie sagte mir, man hätte sie beschissen. Sie hatte gestern Nacht (wahrscheinlich schon angeheitert) in der Bar des Hotels beim Bezahlen der Getränke 30 Euro zu viel gezahlt. Und, so kalkulierte ich später, hatte ebenfalls beim Tanken dem Tankwart 30 Euro zu viel gegeben. (Papa, wenn du jemals wieder sagst ich bin chaotisch, dann werd ich dir einmal Mamy vorstellen… Aber es geht ja noch weiter…). Sie war also wütend. Willkommen im Land der Chaoten, sagte sie mir ständig. Die bescheissen ja ihre eigenen Leute! Ab diesem Zeitpunkt jedenfalls übergab sie mir (wenn ich in der Nähe war) ihren Geldbeutel zum Bezahlen sämtlicher Rechnungen.
So warteten wir im Cafe auf Tiana und, wie sie mir dann erzählte, auf ihren Bruder. Sie hatte ihn gestern Nach angerufen und ihm erzählt sie sei jetzt in Madagaskar. Die beiden hatten ausgemacht, dass er mit seiner Familie rein zufällig am Cafe vorbeispazieren würde und sie dann seine Familie überrasche.
Die Familie kam dann auch und Mamy freute sich wie ein Honigkuchenpferd. Sie sprang auf und ab und umarmte die 3 Kinder und alle. Das war wirklich eine nette Überraschung.

Besuch im Krankenhaus von Mamy…

Nachher sind wir dann mit dem Bus von ihrem Bruder in das Dorf in der Nähe von Tana gefahren (dem Ort in dem Mamy aufgewachsen ist) um das Spital, welches sie mit Hilfe aus der Schweiz dort aufgebaut, hat zu besuchen. Es ist ein kleines Spital aber wirklich sehr gut ausgestattet (besser als in meinem Krankenhaus). Es gibt zwei Allgemeinärzte, eine Hebamme, einen Zahnarzt, glaub zwei Krankenschwestern… Ungefähr so. Wirklich Wahnsinn wie Mamy und André dieses Krankenhaus von der Schweiz aus hier aufgebaut haben.
Dann ist auch noch die Zeitung und das Fernsehen gekommen und Mamy hat mich einfach auf den Zahnarztsessel geschoben und gemeint ich soll das Interview halten. Es ist alles so schnell gegangen und ich fands eigentlich ziemlich lustig. Hab ihnen halt das erzählt was ich wusste – und als ich dann wirklich nicht mehr weiter wusste (weil ich wusste wirklich nicht viel) - hab ich die Kameramänner zu Mamy geschoben die dann unwillig den Rest (also fast alles) erzählt hat.

Tanzen etc., und unsere Spendenaktion mit Olivier…
Nach dem Krankenhaus sind wir ziemlich schnell zurück gefahren und haben bei der Familie von Mamys Bruder gegessen. Mamy hat gekocht und es hat wirklich gut geschmeckt. Nach dem Essen haben wir ziemlich laut Musik aufgedreht und sind eine Weile um den Tisch getanzt. (Das können die Madagassen wirklich gut. Ständig tanzen, singen und sich einfach freuen! Der Peinlichkeitsgrad ist hier um einige Grad verschoben. Wenn wir uns in Europa schon blamieren wenn wir „alle meine Entlein“ singen, freuen sie sich hier umso doppelt, auch wenn du noch so schief und schrecklich singst!)
Danach sind wir in ein Kabarett gegangen (so heißt hier alles, wo vorne eine Band spielt und man entweder an Tischen sitzt oder tanzt). Das war nett. Wir haben getanzt und so weiter.
Am Abend, schon recht spät, bin ich dann nach Hause gekommen und hab noch mit Rado und Olivier über unsere Spenden gesprochen. Hab ihnen von unseren Plänen erzählt. Ich glaub es wär eine gute Idee wenn wir mit Olivier zusammen arbeiten. Schließlich ist er auch Arzt und wir kennen uns jetzt schon so gut und ich weiß dass ich ihm vertrauen kann. Er plant zurzeit ein Drogenzentrum aufzubauen. Vielleicht können wir da helfen, oder ähnliches. Ich werd das noch genau mit ihm besprechen!

Abfahrt nach Mahajanga

Am nächsten Morgen wollten wir schon um 10 in den Norden abfahren um noch einiges von der Strecke zu sehen, aber, wie immer sind wir dann erst um 12 losgefahren. Mamy hatte mir vorher erklärt, sie wolle nicht mit dem Flugzeug reisen, weil die Preise zu hoch, sonder fahre lieber mit dem Bus (Taxi Brousse). Aber mit dem Taxi Brousse (das normale Transportmittel auf langen Strecken für die Madagassen) wollte Mamy nicht nehmen, weil sie Angst vor den Fahrern hat, die oft zu schnell fahren. Ich verstehe sie. Vor zwei Jahren hat sich so ein Taxi Brousse mit ihr zwei mal überschlagen. Zwei Tote, aber sie hat sich nichts getan. Ich verstehe ihre Angst. Wir mieteten also ein Taxi Brousse, für uns alleine.
Die Strecke war eigentlich nicht so spannend. Wir sind erst stundenlange durch das Hochland gefahren. Ewige Hügel und die Straße, die sich durch das grüne Land kringelt. Man hat das Gefühl, man kommt nicht vom Fleck. Die Hügel verschieben sich einmal nach rechts, einmal nach links, einmal sieht man das ganze von Oben, dann wieder aus einem Tal, aber sonst nichts Neues.

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Ankunft in Mahajanga
Wir kamen irgendwann gegen 22:00 Uhr in Mahajanga an und gingen erst mal in ein Hotel. Wir wollten erst am nächsten Tag Mamys Freundin suchen, bei der wir wohnen sollten. Trotz allem stellten wir unsere Sachen nur schnell ab, denn Mamy musste weiter zu ihrem Vater, der auch in Mahajanga wohnt. (Ihm hatte sie ebenfalls nicht erzählt dass wir kommen). Ich war natürlich verwundert. Fragte, ob es nicht zu spät sei jetzt noch einen Besuch abzustatten. (Die meisten Madagassen gehen zwischen 20:00 und 21:00 Uhr schlafen). Sie sagte, er schlafe sicher schon, aber seine Frau (seine zweite Frau, also nichts Mamys Mutter) sitze sicher noch vorm Fernseher.
m2Also, wir wieder los. Vor dem Hotel stand ein Pousse-pousse (bei uns bekannt als Rikschah). Tiana und ich versuchte Mamy zu überzeugen mit dem Pousse-pousse zu fahren aber sie sagte, sie sei doch ein Mensch und halte sich keine Sklaven. Ich lachte, mir war es ja am Anfang auch so gegangen. Aber jetzt wollte ich eigentlich lieber ein Pousse-pousse als ein Taxi nehmen. Weil die Pousse-poussefahrer wirklich arm sind. Ihr Pousse-pousse ist ihre Arbeit, ihr Haus, ihr Bett…; ja, sie haben nichts anderes. Aber den Taxifahrer geht es schon recht gut.
Na trotzdem, wir fuhren also mit einem Taxi zu ihrem Vater und klopften dort an die kleine Holztür. Alles war wie vorausgesagt. Seine Frau, die noch vorm Fernseher hockte, öffnete uns und weckte ihren Mann. Wir gingen in das kleine Haus und hockten uns mit vor den Fernseher. Es war zum ersticken heiß in diesem Zimmerchen und ich verstehe bis heute nicht was die Madagassen die ganze Zeit an ihrem Fernseher finden… Immer und immer wieder die gleichen französischen Soapoperas mit den europäischen Beziehungskrisen und so weiter. Wird bleiben ein Weile, redeten über dies und das und Mamys Vater bestaunte Tiana, seinen Enkel den er immerhin seit 13 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Dann fuhren wir zurück ins Hotel.
Auch im Hotel war es schrecklich heiß, und nur alle 10 Sekunden wenn der Ventilator wieder seine Runde gedreht hatte und mir ins Gesicht blies hatte ich das Gefühl die Nacht überleben zu können. Ich glaube ich schlief sogar ein bisschen.

Am nächsten Morgen stand Mamy schon früh auf. Sie sagte mir, sie würde gegen Mittag zurückkommen und dann würden wir zu ihrer Freundin umziehen. Der Tag wurde lang. Mamy kam erst am Abend wieder und Tiana und ich versuchten unsere Zeit totzuschlagen. Wir gingen ein bisschen spazieren aber ich konnte mit dieser Stadt überhaupt nichts anfangen. Überall standen große Hotels, aber nirgends sah man Leute. Ganz Mahajanga schien nur aus großen, toten Häusern zu bestehen. Es gab fast keine Stände auf den Straßen und auch Geschäfte sah ich fast keine. Ich wunderte mich wirklich, wie die Menschen (die wenigen, die man sah) lebten. Von was lebten die? Wo kauften die ihr essen? Wo kauften sie ihre Kleider? Verdammt, was arbeiteten sie? Wir kauften Bananen auf einem ziemlich toten Markt. Ein reiner Beschiss. Fünf mal so teuer wie in Tana, und es waren Kochbananen. Nicht zum Essen genießbar.
Dann wieder im Hotel. Ich versuchte ein Buch zu lesen. Aber, hatte Kopfschmerzen und es war einfach selbst zum denken zu heiß. Am Nachtmittag gingen wir noch einmal ein Eis kaufen aber sonst warteten wir im Hotel auf Mamy. Am Abend kam sie dann. Ziemlich aufgebracht. Sie habe ihre Freundin nicht gefunden und das ganze Land sei wirklich ein Land der Chaoten. Wir würden also noch einmal eine Nacht im Hotel bleiben.

Später telefonierten wir dann in die Schweiz zu André, Mamys Mann. Er sagt mir Mamy solle Franka einrufen, eine andere Freundin, wo wir vielleicht wohnen könnten.
Ich sagte Mamy also, Franka anzurufen. So erfuhr ich, dass Franka auf Nosy Be wohnt. Nosy Be, wusste ich, ist das Urlaubsparadies Madagaskars und wär am liebsten gleich los gefahren aber die Fähre ging erst zwei Tage später.
Am nächsten Tag zogen wir dann um. Zu Mamys Vater, in das schrecklich heiße Zimmer. Ich fand es echt lieb von ihm, uns in sein kleines Haus aufzunehmen. Hier war es schon besser. Zwar noch heißer, aber ich hatte das Gefühl das Leben hier besser zu verstehen. Es gab kleine Stände an den Straßen und ich sah sogar andere Menschen. Ich glaub wir spazierten den ganzen Tag hin und her und ich kaufte mir einen Regenschirm als Sonnenschutz.

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platz vor dem haus von mamys vater

Am Abend gingen wir dann essen mit ihrer Familie, aber nicht so viel weil Mamy noch zu einer anderen Freundin essen gehen wollte. Nach dem ersten essen spazierten wir zum den Restaurant von ihrer Freundin und wollten dort auf Mamy warten (die noch schnell ins Hotel gefahren war um ein paar Schuhe und Schokolade für ihre Freundin zu holen). Wir warteten ewig. Ein paar Stunden später bekamen wir einen Anruf von einer aufgeregten Mamy, die ihre Bauchtasche suchte. Aber auch wir wussten nicht wo diese war. Also legte sie auf und wir warteten weiter. Nach wiederum einer halben Stunde kam sie dann. Sie war so wütend dass man sie nicht ansprechen konnte. Sie hyperventilierte und ich hatte Angst sie würde jeden Moment einen Herzinfarkt erleiden. Man riet ihr zur Polizei zu gehen und so verschwand sie mit dem nächsten Taxi. Ich machte mir wirklich Sorgen um sie. Aber Tiana versicherte mir, es bestehe keine Gefahr. In ihrer Bauchtasche waren ihr Geld, ihr Pass und ihr Flugticket.
Am nächsten Morgen erzählte Mamy was passiert war. Mit der Polizei war sie in das erste Restaurant zurück gefahren und hatte dort nach der Bauchtasche gefragt. Doch das Personal hatte nichts gesehen, nichts gehört, wusste einfach von nichts. Aber Mamy hackte nach. Bat darum, ihr wenigstens ihren Pass wieder zu geben. Aber, keine Reaktion seitens des Personals. Als das Protokoll (eigentlich keine Ahnung über was) fertig war, drohte Mamy der Bedienung sie ihres Postens zu entledigen (Mamys Onkel arbeitet bei der Polizei). Und hops, fragte man plötzlich wie den die Bauchtasche ausgesehen hatte, und so spurlos wie sie verschwunden war tauchte sie auch plötzlich wieder auf. Nicht einmal das Geld war geklaut worden.

Aufbruch nach Nosy Be
Am nächsten Tag kauften wir die Tickets nach Nosy Be. Da Mamy Angst vor Schiffen hat kauften wir nur zwei Tickets. Mamy wollte fliegen. Also auf zu Air Madagskar. Auf halben Weg hielt Mamy an und setzte mich und Tiana beim Friseur ab. Der schnitt Tiana die Haare, und Mamy meinte sie komme gleich wieder. Tat sie aber nicht. Als sie zwei Stunden später noch immer nicht wieder da war gingen wir zum Meer. Es war Nachmittag und das erste mal, dass mir die Stadt gefiel. Wir spazierten an der Strandpromenade entlang und ich unterhielt mich erst mit einem Franzosen und dann sogar mit einer Deutschen. War also gut gelaunt, als ich sogar noch Freunde aus meiner Nachbarschaft in Tana traf. Wir machten uns gleich aus am nächsten Tag an einen Strand zu fahren und ich war wirklich froh mich ein bisschen selbstständig machen zu können. Dann trafen wir Mamy, die mit Freunden unterwegs war. Wir gingen zusammen etwas essen und der Abend war echt nett. Der Bruder von ihrer Freundin lebte in Frankreich und wir redeten über europäische Politik (ich glaube es war mein erstes Gespräch mit einem Madagassen über Weltpolitik). Er erzählte, dass Deutschland immer rechter würde und trotz diesen schlechten Neuigkeiten freute ich mich. Freute mich über das Gespräch, freute mich wieder neue Leute kennen gelernt zu haben und freute mich, als er uns zu sich einlud.
Am nächsten Tag kamen meine Freunde aus Tana nicht zu unserem Treffpunkt. Oder vielleicht war ich einfach nur zu ungeduldig lange zu warten. Ich verlor auf jeden Fall sehr schnell die Geduld und fuhr mit einem Taxi zu dem Freund vom gestrigen Abend. Er fuhr mich zum Strand und ich bekam das erste Mal das Gefühl von Urlaub. Das Meer war zwar schmutzig aber warm und ich genoss es einfach mal alleine hin und her schwimme zu können.
Ich fühlte mich sehr wohl bei diesen Leuten. Die Schwester von Gabi, dem der in Frankreich wohnt, erzählte mir viel von ihren Kinder und wir verstanden uns sehr gut. Es kam sogar so weit, dass wir alle zusammen ein Brettspiel spielten. Die Freunde (sie sind recht wohlhabend) baten sogar ihre Küchenangestellten mir vegetarisches Essen zu kochen. Ich war also endlich sehr zufrieden.

Am nächsten Tag gings dann auf nach Nosy Be. Auf dem Schiff lernte ich viele neue Leute kennen. Zwei Franzosen, die mit ihren Fahrrädern sechs Monate durch Madagaskar reisten, zwei Niederländerinnen, die ebenfalls schon drei Monate hier waren, und zwei Franzosen, die mich gleich mit auf ihre Reise nehmen wollten.
Am nächsten Tag war ich dann Seekrank. (Die Reise dauerte 23 Stunden). Ich weiß auch nicht was ich mir vorgestellt hatte. Hatte mir aber irgendwie dieses Schiff komfortabler ausgemalt. Gott seid Dank hatten wir zweite Klasse gebucht. Die zweite Klasse saß auf alten Flugzeugsesseln im inneren des Bootes, wogegen die dritte Klasse oben auf dem Deck unter einer Plane auf Holzbänken untergebracht war. Als ich dann auf meinem Flugzeugsessel aufwachte war mir so schlecht dass ich mich gleich mal über die Reling hängte und das Abendessen dem Meer übergab. Danach legte ich mich ins Freie und (wieder ein anderer) Franzose brachte mir irgendwelche Medikamente. Wir unterhielten uns lange. Er plant ein echt spannendes Projekt und hat mich schon eingeladen dabei mit zu machen. Und zwar möchte er in zwei oder drei Jahren mit einem kleineren Boot an der Nordwestküste Madagaskars zu entlegenen Dörfern fahren und dort mit zwei Ärzten aus der Reunion einfache Krankheiten heilen (so eine Art Erstversorgung). Er arbeitet bereits drei Jahre an diesem Projekt und hat auch schon eine Organisation gegründet und einige Spenden beisammen. Ich warte zurzeit auf sein Email (dass er mir hoffentlich irgendwann schickt) mit der Adresse seiner Homepage (die noch nicht online ist, weil noch im Aufbau begriffen).

Franka und die Freunde auf Nosy Be

Auf Nosy Be angekommen holte uns Franka vom Hafen ab. Ich mochte sie vom ersten Augenblick an. Wir fuhren gleich mal eine große Runde auf der Insel, so dass wir etwas von der Landschaft sehen konnten.
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Nosy Be ist wirklich der Traum. Das Dorf in dem wir lebten, die Partystadt schlechthin. Außerdem ewig weiße Strände, klares Wasser, viele Früchte und hübsche, nette Leute.
Die beiden Franzosen vom Schiff (mit denen ich weiter reisen wollte) waren zufällig im gleichen Dorf gelandet und so war ich sicher, dass mir nicht langweilig werden würde.
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Am zweiten Tag lernte ich dann eine Menge Einheimischer am Strand kennen, die mich gleich mit feiern nahmen. Wie so oft, fiel die halbe Nacht der Strom aus und so machten wir selber Musik. Einige Mädels (24 Stunden im Bikini) tanzten und sangen und der Rest klatsche. Die Lieder funktionieren so, dass immer der gleiche Refrain gesungen wird und dazwischen ein Sänger irgendwas improvisiert. Ich kam nicht daran herum auf Deutsch zu improvisieren (aber da alle schon angeheitert waren musste mir das auch nicht peinlich sein). Später sind wir dann ins Dorf tanzen gegangen. Das ist wirklich ein trauriger Anblick: überall weiße, fette Männer die mit einer hübschen Bikini-Madagassin über die Straßen schlendern. Die Jungs mit denen ich unterwegs war sagten mir, dass alle Mädels in ihrem Freundeskreis bereits mit Franzosen verheiratet sind. Die ganzen Kinder (die auch beim feiern dabei waren) also kleine Halbfranzosen waren.
Wir sind noch an den Strand gegangen, dann zu einer Freundin Kuchen essen und später, keine Ahnung wie spät es war, bin ich zurück nach Hause.
Das Haus in dem wir wohnten (wirklich recht schön) wird natürlich nachts bewacht. Der Nachtwächter hatte aber von Innen das Tor verriegelt und so kam ich nicht hinein. Ich klopfte und rief ihn, aber er kam einfach nicht. Da entschloss ich über das 3 Meter Tor zu klettern. Ich hatte einen Rock an und das ganze war recht mühsam. Als ich auf der anderen Seite angekommen war, glücklich endlich drinnen zu sein, kam plötzlich der Wärter mit knallroten Augen, über seinem Kopf einen Knüppel schwingend, auf mich zu gerannt. Man, ich hatte echt Angst. Redete schnell auf ihn ein, sagte ihm ich wohne jetzt auch hier. Meine weiße Hautfarbe rettet mich wahrscheinlich vor schweren Verletzungen. Ich zeigte ihm den Haustürschlüssel, den mir Franka gegeben hatte, und er lies mich passieren.

Weiße Stränge, Mangos, Lemuren und meine Zukunftspläne 
Die folgenden Tage waren echt schön. Meine neuen Freunde haben mir die Insel gezeigt und alles was es dort gibt. Mein Nachbar hatte einen Lemuren (das sind die kleinen affenartigen Tiere, die es nur hier auf Madagaskar gibt). Der war so süß. Ich hät ihn am liebsten mitgenommen. Jedes Mal wenn ich vorbei gekommen bin ist er mir schon um den Hals gesprungen. Ich hab ihm manchmal Bananen mitgebracht und dann hat er sich auf meinen Kopf gesetzt und sie dort vermampft.
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Wenn ich Hunger hatte hab ich einen von den Jungs gefragt mir Mangos zu holen. Die sprießen dort nur so aus dem Boden. Alles voller Mangobäume die die darauf warten, geerntet zu werden. Manchmal haben sie mir auch Kokosnüsse geholt, aber das ist ein bisschen schwieriger, weil die Palmen schwierig zum beklettern
Ansonsten waren wir jeden Tag schwimmen und sind manchmal auch mit kleinen Kanus an entlegene Stränge gepaddelt.
Nach einer Woche hat es mir dann trotzdem gereicht. Es ist einfach so wahnsinnig heiß dort und alles voller Moskitos. Also hab ich beschlossen nach Hause zu fahren.
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Am letzten Abend haben wir noch Froschschenkel gegessen und ich hab mich lange mit Franka über Kulturunterschiede und meine Zukunft unterhalten. Hab ihr von meinen Studienplänen erzählt und gesagt, dass ich mich, falls ich noch viele Kinder bekommen möchte, ein bisschen beeilen muss. (Nachdem ich jetzt 3 Monate mit 11 Leuten unter einem Dach gewohnt habe, schätze ich diese großen Familien wirklich! Eigentlich hab ich mir das bei Anna schon so oft gedacht…). Franka hat gelacht und gemeint, wir Europäer sind wirklich kompliziert. Wir planen unser ganzes Leben von vorne bis hinten und dann kommt doch alles ganz anders. Sie hat genug Europäer kennen gelernt, die erst nach ihrem Studium Kinder bekommen wollten, und sie haben sie bis jetzt nicht, weil nie der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Wenn ich irgendwann Lust auf Kinder habe, soll ich das sofort angehen, sagt sie! (…ich seh schon meinen Papa seine Hände über seinen Kopf zusammen schlagen. So was von unüberlegt…). Aber ja, ich soll meine Eltern um Hilfe fragen! Das haben die Europäer verlernt, die Solidarität mit ihrer Familie zu bewahren. Wenn in Madagaskar jemand ein Kind bekommt freut man sich einfach, weil die Familie wächst. Wo und bei wem das Kind aufwächst, regelt sich schon von alleine. Franka überlegt. Wenn sie ihr Leben rückbetrachtet sind ihre eigenen Kinder das größtes Geschenk was sie jemals bekommen hat. Die Familie das, was wirklich zählt. Deshalb sagt sie ihrem Sohn (22 Jahre), wenn er Kinder bekommen will, sie ist die erste die ihm hilft diese aufzuziehen. Und ich solle das genauso machen. Ja nicht zu lange warten! Franka lacht wieder. Sie meint, dass was sie in ihrem Leben versucht, ist möglichst viele glückliche Stunden zu sammeln. Sie ist zwar Christin, aber mit dem Leben nach dem Tot ist sie sich nicht so sicher. Also lieber jetzt so glücklich sein wie möglich. Sie erinnert sich an ihre Großmutter die 17 Enkel hatte. Doch als sie alt wurde und bald sterben musste waren nur drei in ihrer Nähe, die anderen hatte das Leben weit weg getragen. Gott sei gelobt, dass sie so viele Enkel hatte. Sonst wäre vielleicht niemand mehr zu ihre gekommen…
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franka

Eine lange Reise
Am nächsten morgen sind wir schon um 5:30 aufgestanden, um das erste Boot aufs Festland zu nehmen. (Beim Hinweg nach Nosy Be hatten wir den Meerweg gewählt, aber diese Fähre gibt es nur ein Mal in der Woche. Deshalb mussten wir jetzt nur die kleine Strecke zum Festland überqueren und dann auf dem Landweg zurückfahren).
Tiana und ich nahmen ein kleines Speedboot um auf die große Erde (so nennt man hier das Festland) zu gelangen. Wir waren zu zwölft und schon nach 45 Minuten wieder auf festen Boden. Ich war sehr zufrieden. Keine großen Wellen und der Weg zu kurz, um Seekrank zu werden. Dort warteten gleich duzende Taxifahrer auf uns, die mir sofort das Gepäck aus den Händen rissen und in ihr Auto verluden. Glücklicherweise half mir ein Mann, den ich im Boot kennen gelernt hatte, das richtige Taxi zu nehmen und wir fuhren gemeinsam in die nächste größere Stadt, Ambanja, wo ich das Taxi nach Tana nehmen sollte. Noch war Tiana auch dabei. Wir saßen zu fünft auf der Rückbank eines kleinen Autos und als ich aussteigen wollte, war mein Bein so eingeschlafen dass ich hinfiel. Die Fahrt ging durch Kaffee und Kakaowälder und einmal ließen sie das Taxi anhalten, um mir eine Kakaofrucht zu pflücken. (Die liegt jetzt neben mir und wartet darauf geknackt zu werden, damit ich die Kakaobohnen trocknen kann.) Als wir in Ambanja ankamen, wieder der gleiche Stress: nur nicht das Gepäck aus den Augen verlieren! Ich sagte nur einmal dass ich nach Tana müsse, und dann rannte ich meiner Tasche hinterher die in einen großen Van verfrachtet wurde. Und ich auch. Tiana hatte ich aus den Augen verloren, denn er musste jetzt das Taxi zurück nach Mahajanga nehmen, wo er Mamy treffen sollte. Ich hatte nicht mal Zeit mich von ihm zu verabschieden und hoffe er hat den Weg alleine gefunden.
In meinem Van waren alle Fensterplätze schon belegt. Ich bereu es jetzt noch, dass ich nicht nach einem Fensterplatz gefragt habe, denn, was auf der Karte so kurz aussah (ca 700 Kilometerchen nach Tana) beanspruchte uns 27 Stunden Busfahrt! 27 Stunden auf dem gleichen Sessel kleben. 27 Stunden keine Wand zum anlehnen haben (denn ich hatte ja einen Mittelplatz). 27 Stunde nicht wissen, wann wir endlich ankommen.
Die ersten paar Stunden saß ich neben zwei Studenten, die aber dann ausstiegen. Danach machte ich eine interessante Bekanntschaft. Ein Südafrikanischer Missionar versuchte an mir sein Glück. Erst war ich eigentlich ziemlich genervt. Glaubte, das Leben hätte mich mal wieder bestraft. Nach drei Monaten gescheiterten Missionarsversuchen, jetzt auch noch diese ewige Busfahrt neben einem Diener Gottes zu verbringen…. Aber dann wurde das Gespräch ziemlich interessant. Ich konnte ihm sein Gerede nicht übel nehmen, denn er war einfach vom Haaransatz bis zu den Fußspitzen so glücklich. Das sah man von 300 Metern. Freute sich über jede Sekunden an seinem Leben. Er erzählte mir, er sei jetzt schon seit einem Jahr in Madagaskar und liebe dieses Land. Liebte alle Madagassen. Bei jeder Möglichkeit hängte er sich aus dem Fenster und winkte und schrie den Leuten am Straßenrand irgendwas zu (sein Madagassisch ist übrigens noch schlechter als meins). Und dann redeten wir über tausend Sachen. Wir redeten zum Beispiel über den Nahen Osten. Er sagte, immer und immer wieder setzen sich die Politiker zusammen um über Friedenslösungen zu diskutieren. Aber solange der Hass zwischen den Israelis und den Palästinensern anhält, wird kein Friedensplan von Dauer sein. Erst wenn die Menschen sich lieben lernen (also mit seinen Worten Gott kennen lernen, der ja die Liebe ist) kann Friede entstehen.
Wir bräuchten hier auf dieser Erde mehr von seiner Sorte. Er hat mit seiner Organisation schon einige Spitäler aufgebaut und arbeitet zurzeit an zwei Schulen. Und eigentlich ist mir egal ob er Christ, Moslem oder Hindu ist. Seine Botschaft ist einfach und klar. Er versucht mit viel Liebe möglichst vielen Menschen zu helfen.
Außerdem war er der erste Missionar, der mir nur einmal gesagt hat, er wisse das Jesus auf mich wartet. Und dann hat er aufgehört mich ständig von seinem Gott zu überzeugen. Er war sich einfach so sicher, dass sein Gott der richtige ist und ich ihn schon zum richtigen Zeitpunkt finden werde. Ich würde ihn schon hören. Also fragte ich, woher ich denn wisse ob das sein Gott und nicht Allah oder Krishna sei, der mich da ruft. Die Frage störte ihn gar nicht. Er versicherte mir sogar, ich solle mir nur alle gut anschauen. Dann würde ich schon merken, dass es nur einen Gott gibt. Wir redeten noch viel. Aber das werd ich vielleicht ein anderes Mal aufschreiben.
Wir fuhren die ganze Nacht. Teilweise war die Straße nicht mal asphaltiert und wir erreichten Geschwindigkeiten von 20 km/h (und trotz dem Schleichtempo wurden wir noch ordentlich durchgeschüttelt). Der Missionar sagte mir er würde schon früher aussteigen, kurz vor der Endstation, weil er gleich neben der Straße wohne. Ich sagte ihm das gleiche (den ich wohne auch neben der Straße die von Tana nach Norden führt). Aber als wir dann an seinem Haus vorbeifuhren (er freute sich wie en kleines Kind) hielt der Taxifahrer nicht an. Sagte, es sei verboten hier in Tana das Gepäck von dem Dach herunter zu holen. Ich war inzwischen schon so müde, dass ich über die ganze Situation nur noch lachen konnte. Wir beiden Nicht-Madagassen, versuchen einen ganzen Bus davon zu überzeugen jetzt aussteigen zu wollen. Was uns vor einigen Stunden noch freundlich bestätigt wurde, schien jetzt unmöglich. Der Missionar schrie ständig mit einem freundlichen Lächeln nach vorne: „Tsy mety“ (was so viel heißt wie: nicht gut!). Nachher fügte er noch ein „be“ hinzu. „Tsy mety be“ (man könnte das mit: Nicht gut, viel! Übersetzten). Dann lachten wir beide über seine Madagassischversuche, die leider nicht verstanden werden wollten. Ich war mir bis jetzt sicher gewesen, dass der Fahrer trotzdem bei meinem Haus anhalten würde (denn ich, ein junges Mädchen, schon fleißig mit ihm geflirtet und so weiter…). Aber auch mir wurde das Glück versagt. Es war wirklich verrückt. Jetzt saßen wir seit 27 Stunden in diesem Bus um nach Hause zu fahren. Und da kommt man endlich an und fährt schließlich einfach an seinem Haus vorbei. Also, ab in die Stadt. Da ging das gleiche Trara wie vorher in Ambanja weiter. Mein Gepäck wurde gleich von irgendeinem kleinen Mann gepackt, der es irgendwo hinverfrachten wollte. Willig lief ich nur noch ihm und dem Missionar hinterher, der mich auf eine Taxifahrt nach hause einlud. Zahlt dem kleinen Mann 20 Cent (dafür dass er ja freundlicherweise mein Gepäck in den Kofferraum vom Taxi gepackt hatte) und lies mich mit dem Missionar nach Hause bringen.
Es war echt schön wieder in meine Straße zu fahren. Ich lud mein Gepäck aus und schon an der Tür zu unserem Hof kam mir Elia (mein 17 jähriger Bruder) entgegen und half mir meine Sachen ins Zimmer zu tragen. Man war das schön. Seit langem jemand bei dem ich wusste er wollte kein Geld von mir, und einer, dem ich nicht hinterher rennen musste um sicher zu sein, meine Sachen wurden nicht geklaut. Auf halben Weg riss dann noch meine Tasche und eine Flasche zersprang wegen der Hitze. Ihr Inhalt (eingelegte Zitronen) ergoss sich auf dem ganzen Hof. Gott, ich war echt froh dass das alles hier zu Hause passierte. Wir lachten nur und dann ging ich schlafen.
Es war wirklich wie nach Hause zu kommen. Die Leute im Viertel haben sich alle gefreut und ich weiß endlich wieder an wem ich bin. Weiß, dass mich hier zu Hause niemand versucht zu verarschen und genieße jetzt einfach noch die letzten Tage in Tana mit meinen Freunden hier.

Es gibt noch viel zu tun. Die ersten und letzten Postkarten müssen geschrieben, unser Spendengeld gut angelegt werden, und schließlich muss ich mich von tausend Leuten verabschieden. Und in 11 Tagen, Donnerstag der 19.10.06, um 14:45 wird dann mein Flugzeug in Wien landen. (Ich hoffe es gibt keine Probleme mit meinem Flug, den mein vorläufiger Reisepass ist nur bis zum 20.10 gültig.) Ich freu mich schon so auf euch alle!!!

Montag, 2. Oktober 2006

kurze neuigkeiten

heyho;
bin im urlaub. nach ein paar sehr strangen tagen in mahajunga, einer stadt im norden madagaskars bin ich jetzt auf nosy be, einer echt schoenen insel. ist ein bisschen touristisch und verhaeltnismaessig teuer, aber schoene straende; viele leute; viel party; viel spass
... ich reise mit dem sohn von mamy. ist teilweise sehr seltsam. er redet nich, macht nichts ... strange. mamy ist bei ihrer familie in in mahajunga geblieben. ich weiss noch nicht wie lange ich hier bleibe aber wahrscheinlich nicht so lange. ich moechte noch viel Zeit in tana haben und vielleicht trotzdem eine organisation zu starten! trotz der einladung in witten!!!!!!!!!!!!! ich freu mich so. seit ich das erfahren habe denke ich an nicht viel anderes. wenn ich an die aufnahme denke, steigt mein puls gleich an usw.
ich kanns nicht mehr erwarten wiederzukommen. ich freu mich schon so auf euch.ich schreib euch alles von hier wenn ich wieder in tana bin. ist hier zu teuer.
bis bald;
pia

Freitag, 22. September 2006

*smile*

…dies wird (könnte werden) einer meiner längsten Berichte bis jetzt (wenn ich nicht unterbrochen werde etc.). Es gibt echt viel zu erzählen, deshalb werde ich den Bericht ein bisschen unterteilen!
1.) Unsere Hilfe für Lala (…“Lala die Kleine“. S.u.)
2.) Mein Wochenende in Ankadinondri Sakai
3.) Mein Abschiedsfest hier im Krankenhaus
4.) Besuch bei Lala mit europäischem Beigeschmack (…die andere Lala – „Lala die Große“)
5.) Speichel der heilt
6.) Unsere Spendenideen!!!
7.) Wies jetzt weiter geht
8.) Nachtrag – Mamy ist angekommen!

1. Unsere Hilfe für „Lala die Kleine“
Meine Mama hat mir gleich am Montag ein SMS geschickt, dass das Geld (angeblich bereits aufgetrieben und) mit Mamy nach Madagaskar gebracht wird. (Ich bin jetzt leider nicht im Internet und kann gar nicht sehen wer was gespendet hat usw, aber super, super, super!!!). Ich hab die Meldung gleich weiter geleitet und wir haben noch am selben Tag operiert. Die Operation ist gut verlaufen, hat aber viel länger gebraucht als erwartet. Der Tumor war sehr groß. Dr. Alice hat gemeint sie hat noch nie so einen großen Tumor im Auge gesehen! Ich glaube sie haben 3 Stunden operiert – ich bin nach der Hälfte rausgegangen. (Ich bin zwar geduldig aber nach zwei Stunden neben dem Mikroskop fängt mein Rücken immer an weh zu tun).
Lala ist jetzt noch im Krankenhaus und es geht ihr gut. Wir schauen das Auge jeden Tag an – und das macht ihr schrecklich Angst. Ich hab selten ein Kind so schreien gehört. Aber ansonsten geht es ihr gut. Wenn nicht grad ein Doktor in der Nähe ist springt sie mir schon einfach so um den Hals und freut sich mich zu sehen. Der Vater und ich glaube es ist der Onkel sind auch sehr dankbar. Die Mutter von Lala ist seit ein paar Tagen auch da, aber ich glaube sie checkt nicht dass die Operation Geld gekostet hat und wir das übernommen haben. Aber eigentlich macht das auch gar nichts, solange es Lala gut geht.
Wisst ihr, es ist echt ein gutes Gefühl! Ihr habt mit euren Spenden Lala mindestens ein Auge wieder geschenkt, viele weitere Schmerzen und vielleicht einen Tumor im Gehirn erspart, und somit vielleicht ein Leben gerettet!!! …das ganze hier klingt vielleicht eins bisschen kitschig aber ich bin die ganze Woche wirklich froh. Und ihr könnt euch auch sehr freuen!
…das war also unsere erste gelungene Hilfsaktion!!! Milay!!! (*cool)

2. Mein Wochenende in Ankadinondri Sakay

Jetzt der Rückblick der vergangene Woche (es kommt mir schon ewig weit weg vor). Ihr habt ja schon ein paar Fotos gesehen (s.u.) und hier der fehlende Bericht. Also, hier noch mal der Grund warum wir weggefahren sind: die lutherische Kirche in Ankandinondri Sakay hat unsere „groupe artistique“ des Krankenhauses eingeladen mit ihnen den 25 Geburtstag zu feiern. Außerdem hat die Fußballmannschaft unseres Spitals gegen die Dorfmannschaft ein Match gespielt.
Also. Am Freitagabend hab ich mich ans packen fürs Wochenende gemacht – und das mit viel Bauchweh. Ich weiß nicht, vielleicht bin ich da ein bisschen zu genau und sensibel, aber ich habe dreimal alles eingepackt und wieder ausgepackt und neues eingepackt und ausgepackt, weil ich nicht weiß was man auf so eine Reise mitnimmt. Ich habe Angst, dass ich die Europäerin bin, die nicht mal ohne ihr Duschgel und Handtuch auskommt und 10 Kilo Gepäck für zwei Tage mitnimmt, oder (nachdem ich das Zeug ausgepackt hab) die Europäerin, die nicht mal weiß dass man ein Handtuch und ein Duschgel mitnehmen muss, weil es das in Europa vor Ort und Stelle gibt! Und nach all dem die Frage: gibt es dort überhaupt eine Dusche und Wasser? ..naja, mehr dazu später!
Ihr fragt euch wahrscheinlich, warum ich nicht die anderen gefragt fragen hab, was ich mitnehmen soll. Aber das hab ich doch. Mindestens fünf Leute. Und die haben alle nur gesagt: einen Teller, einen Löffel, deinen schwarzen Rock und dein weiße T-shirt für die Aufführung unseres Tanzes und der Lieder und eine Decke.
Na, ich hab dann schlussendlich eine Seife und das Handtuch eingepackt, sogar ein zweites paar Socken, zwei Paar Schuhe, einen zweiten Pullover, meine Schlafsack… und so weiter. Auf jeden Fall relativ viel eingepackt. War auch gut so, weil ich so auf der sicheren Seite war. – es hat mir nur niemand gesagt, dass es dort schrecklich heiß ist (ich hätte mir den Pullover, den Schlafsack… sparen können. Aber besser zu viel als zu wenig).
Am Samstag hieß es dann in der früh, wir fahren um 11:30 ab. Ich hab schon gewusst dass das nicht stimmt, aber… Ich hab wieder fünf Leute gefragt wo wir denn abfahren, und die haben alle nur gesagt: „na hier, im Krankenhaus“ (das Krankenhaus ist zwar relativ klein, aber für viele Treffpunkte auch relativ groß). Ich bin dann um 11:30 zum Pastor nach Hause gegangen (er hat mich schon als seine Tochter akzeptiert) und sie haben mich gleich zum essen eingeladen. Wir haben uns viel Zeit gelassen beim kochen (er hat eine Tochter die ein Jahr jünger ist als ich. Wir verstehen uns sehr gut). Ich hab die ganze Zeit kritisch auf die Uhr geschaut, weil, der Treffpunkt um 11:30 und es war schon 12:30 , und… (aber die Familie vom Pastor ist schließlich auch mitgefahren und ich habe ihnen vertraut). Wir haben dann endlich mit dem essen angefangen. Ich war froh mir selber servieren zu dürfen (beim Buffet bekommt man immer einen Berg Reis den ich nicht bewältigen kann ) und hab mir eine mir Bauchgerechte Portion genommen und wollte anfangen zu essen. Aber sie haben alle so entsetzt geschaut, dass ich die Portion verdoppelt habe (außerdem hab ich ja mal wieder nicht gewusst, wann wir das nächste Mal essen werden. Werden wir überhaupt essen, was werden wir essen…? ). Ich hab grad den ersten Löffel im Mund gehabt, als der Sohn vom Pastor gekommen ist und gesagt: „Pia, du bist im ersten Bus. Es sind schon alle Leute im Bus und warten nur auf dich“. – Ich hab noch nie so schnell so viel Essen in so kurzer Zeit bewältigt.

Die Busfahrt war sehr gut. Wir waren zu fünft auf der Rückbank des Busses (aber ich hab die Platzangst von meinem Papa Gott sei Dank nicht geerbt  ). Das war der Männer Bus mit der Fußballmannschaft und wir waren nur drei Frauen, die die restlichen Plätze aufgefüllt haben. Und wieder hab ich keine Ahnung gehabt was passiert. Wenn wir anhielten, sind alle Männer im Gebüsch verschwunden, und hab mich gefragt wie man das als Frau macht. (Ist das ein fady – Tabu – als Frau hinter einem Busch zu verschwinden oder nicht…?). Beim dritten Mal anhalten ist dann auch eine der Frauen hinter einem Busch verschwunden. Also hab ich danach gewusst dass das kein fady ist. – wir sind nur leider kein viertes mal angehalten. (Ich hab also auf das Dorf WC warten müssen).

Nach zwei Stunden Busfahrt (Gott sei Dank ist mir trotz kurvenreicher Straße und Rückbank im Bus nicht schlecht geworden) sind wir im Dorf angekommen. Es war schrecklich heiß und die Männer haben sich gleich für das Match mit der dortigen Mannschaft bereit gemacht. Während dem Match (das wir übrigens gewonnen haben) sind dann auch die Frauen angekommen und wir haben die Rolle der Chirleader übernommen. Das ganze war recht lustig. – Ziemlich professionell, was mich gewundert hat. Das Fussballfeld hatte die genormte Größe und es gab sogar einen Schiedsrichter und zwei Linienrichter (heißt das so?). Aber vielleicht hätten wir ohne die Hilfe der Hühner und Hunde, die auch fleißig mitgespielt haben nicht gewonnen (ich glaub die Spieler haben in ihrer Hitze sicher zwei Hühner versehentlich gekillt oder mindestens verletzt).

Danach war es Dunkel.
Wir sind dann zu der lutherischen Kirche gepilgert und haben auf den viel zu engen Holzbänken mit den Tellern auf unseren Knien Reis mit Bohnen gegessen. In diesem Dorf gibt es keinen Strom, dass heißt das ganze war ein Candle Light Dinner ohne Getränke. Keine Ahnung wie die das dort machen. Es gibt Wasserpumpen im Dorf, die aber von 11:00 Uhr bis um 16:00 aussetzen. Wir haben also gegessen und ich hatte schrecklich Durst. Sie haben mir dann Gott Sei Dank diesen Reissaft organisiert, den man hier bei jedem Essen trinkt. (Der Reis wird hier so gekocht, dass er am Boden und am Topfrand anbrennt. Der nicht verbrannte Reis wird gegessen und der verbrannte Reis bleibt im Topf. Dort wird dann Wasser reingekippt, das gekocht wird. Und das wird getrunken. – Als ich das das erste Mal hier im Krankenhaus getrunken hab, hätt ich mir am liebsten die Nase zu gehalten. Aber inzwischen schmeckt mir das Zeug echt gut).
Durstgestillt sind wir nach dem Essen sind wir zum Dorftheater gewandert. Es war stockdunkel und die Straße ziemlich löchrig. Und ich hab natürlich nicht gewusst was wir machen, weil mir das mal wieder niemand gesagt hat. Aber so bin ich halt einfach im Dunkeln mitgetappst und wir haben gesungen und die Sterne standen hoch am Firmament und ich hab mindestens sechs Sternschnuppen gesehen und ich bin ganz nostalgisch geworden…
Das Theater war ziemlich theatralisch. Eine große Betonhalle mit Stufen und einem Potest vorne. Irgendwie haben wir Strom erzeugt und mit spärlicher Beleuchtung, spärlichem Publikum aber viel Lärm der elektrischen Orgel hat unsere Show begonnen. Wir haben ungefähr 20 madagassiche Lieder gesungen und 2 Tänze aufgeführt. Die Tänze hab ich gut gekonnt, aber von den Liedern hab ich nur 4 gekannt, und deren Text auch nicht… Trotzdem, gut platziert ganz vorne in der Mitte, hab ich mein bestes gegeben um meinen Mund wie die anderen zu bewegen und gemeinsam mit den andern meinen Atem zu schöpfen. Die Tänze waren dann ein großer Erfolg. Im Ganzen bin ich mir sehr madagassisch vorkommen, mit meinem Strohhut und dem traditionellen Tuch um der Hüfte.
Nach der zweistündigen Show haben unsere 50 Zuschauer uns 40 Artisten kräftig applaudiert und haben uns im Dunkeln allein gelassen.
Wir sind dann wieder irgendwo hingewandert und im Folgenden unter einem großen Baum stehen geblieben. Nachdem wir eine Stunde gestanden sind, sind die Männer dort geblieben und wir Frauen zu einem kleinen Holzhaus weiter gewandert. Das Haus war wirklich sehr klein. Wir haben uns auf zwei Zimmer aufgeteilt. Ich war im ersten Stock in einem kleinen Zimmer, vielleicht 10m², mit 14 anderen Leuten. Ich hab mich hingesetzt und gewartet was die anderen machen. Als sie angefangen haben ihre Sachen auszupacken, hab ich das auch gemacht. Nach einer Weile haben mich die Mädels (die sind so alt wie ich, alle schon verheiratet und sprechen kein Französisch) gefragt, ob ich meine Toilette mit ihnen machen will. Ich hatte keine Ahnung was das ist, aber es hat sich gut angehört. Ich hab mein Handtuch und meine Zahnbürste mitgenommen und wir sind die kleine Holztreppenleiter hinunter geklettert. Unten angekommen gab es sogar Wasser in Eimern und die anderen haben mir geholfen meine Füße zu waschen. Wir haben uns sogar die Zähne geputzt und dann noch vor die Haustür gepinkelt.
Mollig eingehüllt in meinem Schlafsack hab ich dann versucht auf dem mit fünf Leuten bestückten Doppelbett einzuschlafen. Die Fenster waren zu. Die Türe war zu. Mein Schlafsack war zu. Und mir war echt sau heiß. Irgendwann in der Nacht (ich hatte noch nicht wirklich geschlafen) hab ich dann das Gefühl bekommen ich ersticke. Die Dame, die im Krankenhaus an der Rezeption arbeitet, hat mir ins linke Ohr geschnarcht und die Dame aus der Pharmazie hat mir ihre Knie in den Rücken gerammt. Da hab ich meinen Schlafsack genommen, bin vor die Tür geschlichen und hab mir vor die Leiter auf den Holzboten gelegt.
Endlich konnte ich schlafen. Bis auf schreckliche Halsschmerzen zwei Tage später war der Rest der Nacht echt angenehm. Keine Moskitos, keine Hitze und Blick auf die Sterne!

Mit Sonnenaufgang bin ich aufgewacht und erst mal liegen geblieben. Später bin ich dann wieder zu den anderen gegangen, die sich schon Sorgen gemacht hatten wo ich in der Nacht war. Sie haben mich gefragt ob ich gar keine Angst hatte. Aber da ich ja noch keine Hexen gesehen hab (im Gegensatz zu den anderen) hatte ich keine Angst gehabt. Trotz allem hatte ich Glück, denn bei den Männer ist in der Nacht eine Hexe um das Haus geschlichen. – Ihr denkt jetzt wahrscheinlich ich schreibe wirres Zeug, aber es gibt hier wirklich Hexen. Die meisten haben schon welche gesehen. Das sind alte Frauen, die in der Nacht nackt, mit Öl eingeschmiert, in die Häuser der anderen kommen und komische Sachen mit den Leuten machen (das Öl dient dazu, dass man sie nicht halten kann). Manche sind ganz harmlos und schleichen nur um die Häuser, manche töten aber auch. (Ich schreibe hier keine Geschichten, dass gibt es hier am Land wirklich noch). Aber sie töten nicht ohne Grund. Meistens gibt es irgendwelche Probleme in der Familie. Und getötet wird auch fast nie.
Auf jeden Fall hat mich keine Hexe heimgesucht und ich hatte gut geschlafen. (Schade eigentlich, ich hätte gerne mal so eine Hexe gesehen).

Vier Frauen haben mich dann zu einer Dusche mitgenommen. Man wäscht sich jeweils zu zweit. (Ich hatte natürlich keine Ahnung, aber die Frau, die mit mir in die Dusche gegangen ist, hat mich glücklicherweise verstanden und mir geholfen). Der eine kippt das Wasser über den anderen, und der seift sich derweil ein und so weiter. Die Dusche ist ein kleines Häuschen mit Abfluss und betonierten Boden. Jetzt kann ich das also auch.

Der Tag war dann nicht mehr so spannend. Ich bin den vier kleinen Mädchen der Dame die an der Rezeption arbeitet und mir in der Nacht ins Ohr geschnarcht hat durchs Dorf spaziert und habe Fotos gemacht. Wir sind zu spät in die Kirche gekommen und ich habe wieder mit voller Stimme und guten Mundbewegungen mit den anderen vorgesungen. Nach 2 Stunden haben mich die vier Mädels gefragt ob ich raus gehen will, und das hab ich mir nicht zwei mal sagen lassen. Ich war schon ganz nass geschwitzt und wir haben uns auf die Suche nach Wasser gemacht. Nach 40 Minuten haben wir einen kleinen Stand gefunden, der endlich mal keine Cola, sondern auch Wasser verkauft. Und später haben wir auch noch eine Wasserpumpe gefunden und so sogar die Flaschen auffüllen können. Ich hab meinen Pullover unters Wasser gehalten und mir um den Kopf gewickelt. Ich glaub das hat meinen Tag gerettet.
Um eins sind wir zu Kirche zurückgekommen und die anderen waren noch immer drinnen (der Gottesdienst hatte um neun begonnen). Wir haben uns vielgesehen (weil ich als einzig weiße) zu den anderen geschlichen und wieder mitgebetet.
Nach dem ewigen Gottesdienst haben wir dann noch im Dorf gegessen und sind dann nach Hause gefahren. Auf dem Rückweg hab ich noch um 80 Cent 20 Avocados gekauft und war am Abend sehr froh, dieses Wochenende gut überstanden zu haben, endlich auch das Land gesehen zu haben und in meinem Bett zu schlafen.

Nach diesem Wochenende hab ich viel über die Leute hier nachgedacht. Wisst ihr, dass ist es was mir hier oft Heimweh macht. Ich habe viele Freunde, aber nur ein, zwei Freundinnen weil die Mädchen hier wirklich so anders sind als wir (gerade euch, Kathi und Anna vermiss ich echt). Sie sind schon so früh verheiratet und auch doch leider recht schlecht gebildet. Und ich glaube sie können sich gar nicht in mich hineinversetzen. Sie verstehen es überhaupt nicht, wenn ich nicht weiß wie man eine Dusche ohne Dusche nimmt.
Ich bin mir an diesem Wochenende oft ziemlich alleine vorgekommen. (Weil ich eben oft nur mit den Frauen unterwegs war.). Sie reden so schnell untereinander, dass ich fast nichts verstehe. Aber niemand übersetzt mir. Niemand erklärt mir was passiert, aber ich will auch nicht ständig fragen. Ich glaube, wenn ich einmal fließend madagassisch spreche wird das ganze viel einfacher. Dann kann ich auch die Mädchen hier besser kennen lernen – wobei wir uns glaub ich nie richig verstehen werde (ich meine auf der kulturellen Ebene).
Auch die Mütter sind hier so anders. Gar nicht so mütterlich, wie man das bei uns versteht. Auch bei uns hier zu Hause. Ich habe noch nie gesehen, dass die Mutter ihre Kinder fragt wie es ihnen geht. Sie bleibt ständig in ihrem Bett. Das ist so komisch hier. Einerseits halten die Familien echt zusammen (sonst würde das Sozialsystem hier ja auch nicht funktionieren – ich meine, die Familien sind das Sozialsystem), und andererseits hab ich noch nie mentale Hilfe gesehen. Das ist das Gleich was ich bei den Geburten oft erfahren hab. Besonders bei den armen Menschen. Die Mädchen müssen sehr stark sein und alleine kämpfen und ihre Kinder mit viel Mut zur Welt bringen.
Die Menschen haben sehr warme Herzen, aber ich habe das Gefühl wenn ich hier ein wirkliches Problem habe, wird mich niemand richtig verstehen. Ich glaube bei uns wird viel geredet und mental geholfen, und das gibt es hier nicht. Hier geht das Leben einfach weiter.

Nach diesem Wochenende hab ich wirklich Lust bekommen, länger ans Land zu gehen. Die Leute sind dort sehr einfach und dieses materielle Denken wie hier in der Stadt ist noch nicht so ausgeprägt. Hier in der Stadt kann ich zum Beispiel keine Fotos von den Leuten machen. Sie werden sehr, sehr aufdringlich. Am Land bleiben sie einfach stehen, lächeln, warten bis das Foto gemacht ist, und gehen weiter. Und sind froh.
Also, eines Tages…

3. Mein Abschiedsfest im Krankenhaus
Ich glaube ich hab euch schon erzählt, dass am Mittwoch ein kleines Abschiedsfest hier für mich gemacht wurde. Das war wirklich sehr, sehr nett von ihnen. Die Mädchen haben gekocht und dann haben wir (alle Angestellten, sogar die von dem anderen lutherischen Krankenhaus hier in Tana) zusammen gegessen und sie haben viel für mich gebetet. Ich habe noch am Vorabend eine Rede vorbereitet die ich dort vorgetragen hab. Davor hab ich echt Angst gehabt. Ein Freund hat mir geholfen die Rede auf madagassisch zu übersetzen und ich hab sie dann vorgelesen. Es hat ihnen gut gefallen und sie haben gleich noch mal für mich gebetet. Der Chefarzt hat gesagt, es wäre wirklich ihr größter Wunsch wenn ich bald, als Christin, zu ihnen wieder komme. (Ein Mädchen hat sogar eine besondere Bibelstelle auf Deutsch vorgelesen). Und dann haben wir gegessen….; Ich hatte mir Raftoto gewünscht (ich durfte mir ein essen aussuchen, und dass ist die madagassische Nationalspeise) und sie haben viel Fleisch dazu gemacht. So was hab ich noch nie gegessen. – Mein Magen hat sich bis jetzt noch nicht ganz regeneriert. In meinem Essen waren große Fleischstücke, an denen noch die Haut des Schweines dran war. – und, das ekelhafteste, die Schweineborsten. Ich hab zwar an André gedacht, der gesagt hat ich muss wirklich nicht alles essen, aber ich hab ja schlecht bei meinem Abschiedsessen das Fleisch zur Seite schieben können. Außerdem wollte ich doch echt madagassisch sein. Also hab ich die Augen geschlossen und tapfer die Schweinhaut mit ihren Borsten herunter gewürgt. Am Abend hätte ich mich fast übergeben und am Donnerstag hab ich auch fast nichts essen können. Auch jetzt hab ich noch ein bisschen Bauchweh, aber es geht schon besser. (Ich weiß nicht, ob das ganze nur in meinem Kopf sitzt, weil alle 5 Minuten die Schweinborsten vor meinem inneren Auge auftauchen, oder ob mein Magen das wirklich nicht verträgt).
Wir haben nachher noch ein Foto mit allen Angestellten gemacht und dann war mein Praktikum vorbei.
Ich glaube es ist jetzt noch zu früh, Résumée zu ziehen, aber ich bin traurig und froh zugleich. Ich bin alle Stationen durch, und bereit Neues zu sehen. Andererseits ist es komisch, jetzt plötzlich nicht mehr jeden Morgen ins Krankenhaus zu gehen. Auf jeden Fall habe ich viel gelernt und die Arbeit als Ärztin macht mir Spaß. So viel kann ich jetzt schon sagen.

4. Besuch bei Lala mit europäischem Beigeschmack

Könnt ihr euch noch an Lala erinnern? Das Mädchen, was ein Jahr in Deutschland war und mit Depressionen ins Krankenhaus gekommen ist? Na, sie ist auf jeden Fall eine meine besten Freundinnen hier geworden. Sie ist inzwischen wieder zu Hause, aber noch immer zu schwach um zu gehen. Gestern hat ein Freund von ihr (ein alter Franzose) und zum Essen eingeladen und wir waren in einem Französischen Restaurant. Es gab dort fast nur Weiße, und ich bin mir wie in Frankreich vorgekommen. Es war sehr komisch für mich. Wir haben sehr teuer gegessen, und so gesehen schon eine halbe Augentumoroperation verfuttert. Und trotzdem war es so gut. Wir Europäer haben doch einen anderen Geschmack. Das Essen hat wirklich gut geschmeckt und es war nett in einem Garten zu sitzen (das gibt es hier sonst nicht. – ich weiß jetzt auch warum. Wir Europäer sind gerne in unserem Privaten Garten, aber hier gibt es das nicht, weil die Leute gerne gleich neben der Straße wohnen und keinen Privatbereich brauchen. Ich glaube sie würden sich sehr isoliert fühlen).
Nachher bin ich dann noch zu Lala gefahren und wir haben viel über ihr Jahr in Deutschland geredet. Es ist wirklich schwierig für sie. Sie würde so gerne zurück, aber auch ich hab keine Idee wie man das macht. Uns Europäern steht die Welt offen, aber gerade hier in Madagaskar ist man mehr oder weniger auf seiner Insel gefangen.

5. Speichel der heilt
Ich glaub ich hab oben schon geschrieben, dass ich heute wieder bei der senegalischen Botschaft zum essen war. Und dort haben wir über Dr. Alice geredet (die Augenärztin), die aus einer Familie abstammt deren Speichel heilt. (Wahrscheinlich glaubt ihr wieder, ich schreibe wirres Zeug wie mit den Hexen, aber hier müsste man wirklich wissenschaftliche Nachforschungen anfangen). Es handelt sich um folgendes Phänomen: Bei Verbrennungen (bei denen die Haut noch vorhanden ist) wird so schnell wie möglich (am besten ein paar Stunden nach der Verbrennung) die Haut mit dem Speichel von Dr. Alice eingerieben, und 4 Minuten später hören die Schmerzen auf und ein paar Tage später sind nicht mal mehr Verbrennungen zu erkennen. Sie haben mir erzählt, es gibt nicht viele Familien die diesen Speichel besitzen, aber in Dr. Alice Familie besitzen sie alle diese Fähigkeit.
Ich hab das ganze echt kaum glauben können. Ich bin gleich nachher noch zu Dr. Alice gegangen und sie hat mir (während sie eine Pause zwischen den ganzen Kataraktoperationen gemacht hat) von den Fällen erzählt, die sie schon geheilt hat. Ein Bub, der in Feuer gestiegen war, und dessen Füße beide vollkommen verbrannt waren. Ein Mädchen, die in eine Steckdose gegriffen hatte, und deren rechte Gesichtshälfte entstellt war. Und viele andere.
Das ist wirklich wahnsinnig. Wenn ich mal Ärztin bin, muss ich hier unbedingt Nachforschungen anstellen. Man muss diesen Speichel wirklich untersuchen. Verbrennungen haben so schlimme Folgen und sind so schmerzhaft. Und hier in Madagaskar sitzen also Leute, die dich ein par mal anspucken, und du bist geheilt!!!

6. Unsere Spendenideen

Und jetzt endlich zu dem fast wichtigsten Punkt in diesem Bericht!!! Unsere Madagaskarhilfe.
Als erstes: ich bin echt so froh über all das, was ihr in Österreich auf die Beine stellt! Wahnsinn. Ich glaube wir könnten echt einiges auf die Beine stellen (weil ich habe auch schon so viele Ideen).
Aber das ganze ist relativ schwierig. Ich glaub es ist sogar relativ einfach, bei uns Hilfe auzutreiben, aber es ist sehr schwierig, dass diese Hilfe hier am richtigen Ort ankommt.
Ich hab am Mittwoch lange mit Dr. Nirina geredet (sie hilft mir mit allem und kennt sich sehr gut aus) und sie hat gesagt, wir müssen eine Organisation gründen mit vielleicht fünf Mitarbeitern hier vor Ort. Weil wenn wir einfach nur Güter oder Geld geben, wird das fünf Mal aufgebraucht sein, bevor es bei den Kranken ankommt.
Aber für diese ganzen Pläne müsste ich noch länger in Madagaskar bleiben. Das heißt, ich werde jetzt Plan A, und Plan B erläutern.
Plan A ist der, der in Kraft tritt wenn ich nicht in Deutschland von der Uni eingeladen werde Dann werde ich nach in Mada bleiben um diese Projekt auf die Beine zu stellen. Das ist eine große Chance für uns und für hier. (Auch wenn ich euch schon echt vermisse…).
Der Plan schaut vollgendermaßen aus.

1.) Als erstes müssen wir unsere Zielgruppen definieren. Ich denke hier an zwei Gruppen:
a. Bildungshilfe
b. Krankenhilfe

Diese Zielgruppen müssen dann genau definiert werden. Z.B (ein Beispiel was ich schon genauer durchdacht habe).: wir versuche Kindern zu helfen, die zwischen 10 und 18 Jahre alt sind, und noch nicht lesen und schreiben können.
Hier muss festgesetzt werden, wie wir ihnen helfen wollen. Ist unser Ziel nur, dass sie lesen und schreiben lernen, oder das sie einen Schulabschluss machen?!
Wir müssen genau rechnen, was für diese Hilfe alles notwendig ist. Lehrer, Bücher, Stifte, Essen in den Pausen…
2.) Als nächstes müssen wir diese Kinder suchen. Dafür brauchen wir Hilfe hier vor Ort. Aber das dürfte relativ leicht gehen.
3.) Dann müssen diese Leute interviewt werden und das ganze nett aufbereitet werden, damit wir in Europa Geld und Sachgüter für die Projekte auftreiben. => dabei habt ihr bis jetzt schon viele Ideen geliefert, und diesen Part müsst ihr übernehmen!!!
4.) Je nach dem wie viel Mittel für zusammen bekommen, so viele Patenschaften können wir dann übernehmen.
5.) Jetzt kommt der schwierige Teil. Die Mittel müssen zu den bedürftigen Familien transportiert werden, und müssen dort am richtigen Ort ankommen. Das ganze muss logistisch gut durchdacht werden. Wir müssen für alles, was ausgegeben wird Rechungen verlangen und wir brauchen die Zeugnisse der Kinder. Es muss hier wirklich genaustens untersucht werden, dass das Geld bei den Kindern ankommt. Die erste Schwierigkeit ist die, dass das Geld noch nicht beim Übermittler untergeht (oder sich halbiert). Danach muss versichert werden, dass nicht die Eltern der Kinder das Geld an sich nehmen, sonder das Geld direkt an die Schulen geht. …undundund. Das hängt dann genaustens von den Projekten ab, die wir machen wollen (das mit den Kindern, ist nur ein Beispiel, was ich schon genauer durchdacht habe).
6.) Und jetzt das schönste: wir brauchen einen Journalisten, der dann unsere Arbeit dokumentiert und den Kontakt zwischen den Spendern und den Empfängern hält.

Die Organisation hier braucht also folgende Mitarbeiter:
- Leute, die die Bedürftigen aufsuchen
- Kontrolleur – der schaut, ob die Familien wirklich arm sind oder nicht!
- Einen Finanzchef, der nur die Einnahmen und Ausgaben kontrolliert
- Einen Vermittler, der hier die Mittel (in diesem Beispiel die Bücher, das Schulgeld) verteilt
- Einen Journalisten – für unsere Spender
- Einen Betreuer, der das ganze koordiniert, die Meilensteine festsetzt und so weiter…
- ? …ich hab sicher einiges vergessen!

Damit dieser Plan funktioniert, muss ich länger in Mada bleiben. Ich kenne inzwischen die Leute hier im Krankenhaus und glaube ich könnte ein gutes Team zusammenstellen. Wenn das ganze dann läuft, komm ich zurück!
hui, wenn ich daran denk, wird mir ganz jupig. Das wir immer mein Traum, so was machen zu können! Auch wenn es gar nichts sonnig klingt, euch noch länger nicht zu sehen. (Ach, Anna, Kathi: ich hab übrigens euer Foto hier bei mir im Zimmer und es wird ständig angefragt, wenn ihr denn kommt?!). Aber, hier ist also unsere erste Hilfsorganisation!!!

Wenn ich aber zurück komme, tritt Plan B in Kraft:
Plan B:
…den hab ich noch nicht so genau durchgdacht. Ich glaube der könnte in Zusammenarbeit mit Dr. Nirina stattfinden, und würde aus einzelnen kleinen Patenschaften bestehen, die wir übernehmen. So wie den Fall mit Lala. Ich werde bei diesem Plan versuchen, noch so gute Kontakte wie möglich aufzubauen, bevor ich zurück fahre. Diese Kontakte müssen Personen sein, denen ich wirklich vertrauen kann. (Bis jetzt vielleicht nur Dr. Alice und Dr. Nirina). Und die müssen uns dann von den Fällen berichten, die Hilfe benötigen. Und wir werden ihnen vertrauen, dass das Geld ankommt. Ansonsten gibt es kleine Bausteine, die wir auch einsezten könne:
- Sachspenden! Die sind immer willkommen und können ständig gebraucht werde! (Dazu habt ihr schon viele Ideen geliefert. Und hier freut man sich über alles. Selbst über Bücher, über Farbe für die Wände…;). Das müssten wir gut organisieren, und vielleicht schaffen wir es einen Kontainer zusammen zustellen, um die Sachen zu übermitteln (oder meine Mama kann vielleicht ein großes, gutes Wort bei der DHL einlegen, oder…, das sehen wir dann)
- Mission 20 unterstützen: davon hat mir Dr. Alice erzählt. Das ist eine Aktion, bei der sie und der andere Augenarzt ans Land fahren für zwei Wochen und Operationen bei den ganz armen Leuten durchführen. Wir könnten die Kosten für eine Mission übernehmen (…da könnte z. B der alte Fotoapparat von dir, Flo, gut zur Hilfe kommen. Das wär echt super!!! Wenn die uns ein paar Fotos schicken könnten, von der Tour).
- ???

Meine Ideen um Geld aufzutreiben:
Ich hab auch schon ein bisschen nachgedacht. Ich glaube wir könnten eine große Aktion in der walz starten. Britta hatte ja schon von anfang an gesagt, wir müssen nachher eine Abend gestalten bei dem wir über Madagaskar und Indien berichten. Dabei könnten wir gleich Patenschaften vermitteln und sonst Geld sammeln. Ich möchte mich erkundigen, ob man madagassische Kunst exportieren kann (es gibt viele schöne Strohtaschen, Körbe usw.). Die Kosten hier maximal 2 Euro das Stück, und wir könnten sie um 10 Euro verkaufen (an diesem Abend) und mit diesem Geld auch vieles weiter machen. – ich bin mir sicher, unsere Mädels kaufen das sofort!

Dann hab ich schon eine zweite Aktion gestartet. Mit einem Freund, Michel, der in England wohnt. Er hat bereits angeboten 100 Euro im Monat für Patenschaften zu spende (…wow, echt voll nett von ihm) und hat ausserdem gesagt, er kennt den Direktor einer Volksschule, und die könnten auch Kontakte zu den Kinder hier aufnehmen. Ich glaube dass ist eine echt nette Idee!

…ohjee, die warten jetzt schon alle im Auto auf mich! Rado hat Geburtstag und wir gehen feiern. In ein paar Stunden fahren wir dann schon zum Flughafen, Mamy abholen.
Ich muss morgen noch mal eure Mail genau durchlesen.
Medikamente sind auf jeden Fall immer gebraucht. Aber ich werde noch mal genau nachfragen!

- wer weiß, wann ich das nächste mal schreibe. Vielleicht werde ich heute schon in den Urlaub fahren

8. 9. Mamy ist angekommen!
…wir waren die ganze Nacht feiern und haben dann Mamy vom Flughafen abgeholt. Ich glaub das wird eine super Zeit mit ihr. Ich hab sie mir ganz anders vorgestellt, aber sie ist gut so wie sie ist. Ihr Sohn ist auch echt nett.
Morgen gehen wir ihr Spital anschauen, dass sie hier in der Nähe von Tana aufgebaut haben und am Montag geht’s dann ab in den Norden…. Ferien!!! (dort gibt’s das Meer, und Sonne, ….)
Ach; und ich glaub sie kann mir ganz viele tipps fuer unsere madhilfe geben. ...weil sie macht das staendig!
Wow; hab grad gelesen was ihr alles plant. Das ist so lieb von euch!!! Super super super!!!
Seit gedrueckt!!!
Ach ja; danke claudia. Bist du die mutter von louisa oder kenn ich dich nicht? Danke auf jeden fall!

Dienstag, 19. September 2006

Erster Spendenaufruf – WICHTIG – BITTE BIS FREITAG ABEND SPENDEN

- und noch ein einschub – super flo; danke fuer deine hilfe!!! Ich schau mir das heut abend oder morgen an. Danke;danke;danke –

Ich hab ein echt schönes Wochenende hinter mir. Aber bevor ich euch das erzähle, schreib ich hier meinen ersten Spendenaufruf!
Letzte Woche hab ich in der Ophtalmologie (Augenstation) gearbeitet und ein kleines Mädchen mit einem Tumor im linken Auge ist zu uns gekommen. Dr. Alice hat nicht genau gewusst was es ist, weil sie so etwas noch nie gesehen hat. Also haben wir die Kleine noch zu einem anderen Arzt geschickt (es gibt glaub ich nur 4 Spezialisten hier in Tana). Der hat uns bestätigt dass wir operieren müssen. Malalatiavina (so heißt die Kleine) ist fünf Jahre alt und kommt wie auch viele der Dadas vom Land. Sie ist fünf Jahre alt und hier mit ihrem Papa und ihrem Onkel. Sie sollte möglichst schnell operiert werden weil der Tumor erstens schon sehr groß ist und zweitens die Familie nicht genug Geld um lange hier in Tana zu bleiben. Die Operationen kostet umgerechnet 50 Euro (das entspricht hier im Krankenhaus schon einem Monatseinkommen. Wahrscheinlich zwei Monatseinkommen am Land). Wir würden uns wirklich freuen wenn sich ein Pate für Malalatiavina finden würde!!!
Ich schlage vor, dass alle die sich an den Kosten der Operation beteiligen möchte das als Kommentar posten und mir das Geld sofort auf mein Konto (s.u.) überweisen (schon 10 Euro helfen hier sehr viel!). Mama, kannst du bitte jeden Abend nachschauen wie viel Geld schon angekommen ist und sobald die 50 Euro komplett sind das erstes auf diese Seite schreiben und mich dann kontakten?! WENN WIR BIS SAMSTAG IN DER FRÜH (23.09) DAS GELD HABEN WIRD SAMSTAG VORMITTAG OPERIERT!!!
Also, hier die Infos für die Überweisung:
Kontoinhaber: Pia Marie Hartmann
Konto-Nr.: 78 720 752
BLZ: 600 00
P.S.K. Postsparkasse

und falls jemand aus dem Ausland überweist, braucht er auch BIC und IBAN:
BIC: OPSKATWW
IBAN: AT136000000078720752
Bitte uerbeist unter dem kennwort „spende madagaskar“


…sorry, es ist schon spät und ich soooo müde! Ich schreib euch bald von meinem Wochenende und so weiter und antworte den vielen netten mails *smile*!!!
Alles Liebe, Pia

und hier uebrigends einer der dadas...
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und weitere dadas und fotos vom wochenende, von dem ich bald schreiben werd!

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Freitag, 15. September 2006

an kathi

danke danke danke fuer den bericht!!! schreibe dir ganz bald zurueck. freu mich wahnsinnig auf euch! tausend kuesse pia

Ophtalmologie

_ einschub _ sorry ihr lieben indienreisenden/ hab den folgenden text zuhause geschrieben und noch nicht eure anworten gelesen !
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Jetzt als erstes bevor ich wieder unterbrochen werde: danke für eure Antworten! Tommi, das ist echt lieb was du mir immer schreibst. Ich versuch schon tagelang ins Internet zu gehen, aber ich bin immer zu spät. – ich bin schon so gespannt wie es Anna und Kathi geht. Papa, so wie du das meinst, mit dem Suchen nach einem tieferen Sinn, so was hab ich hier noch nicht getroffen. Bei uns in Europa h-ab jeder zweite eine Sinnkrise, aber hier gibt’s das nicht (hier gibt’s nur Finanzkrisen). Der Pastor macht übrigens Fortschritte. Jetzt hat er mir schon eine Bibel geschenkt (dreisprachig: Deutsch, Französisch, Englisch). Die muss ich ständig bei mir tragen. Er ist wirklich ein lieber Mann. Er hat gesagt er betet schon lange dafür, dass ich Christ werde. Und jetzt betet er auch dafür, dass ich in Witten (meine Wunschuni) aufgenommen werde (wie übrigens jeder zweite hier). A propos: Mama, weißt du schon irgendwas?! Der Pastor meint außerdem, dass ich mal Spezialist für Tropenkrankheiten werde (er ist sich sicher, dass ich später mal in Madagaskar oder Afrika arbeiten werde – er hat mir schon eine Stelle hier im Krankenhaus angeboten…). Die Chirurgen meinen, dass ich mal Chirurg werde. Und ich arbeite gerade in der Augenabteilung, und da gefällt es mir echt gut. Das ist die einzige Abteilung, die wirklich überlastet ist. Da es hier in Madagaskar keine Ausbildungsmöglichkeiten für Augenärzte gibt, gibt es auch fast keine Augenärzte. Wir haben hier im Krankenhaus zwei (Dr. Richard hat seine Ausbildung in Südafrika gemacht, und Dr. Alice in Indien). Ich helfe Dr. Alice. Der Großteil der Patienten sind Großpapas und Großmamas die weit her vom Land kommen um ihre Katarakte zu entfernen. Es gibt hier eine internationale NGO (ich glaub sie heißt Lions Club oder Lions Institution) die die Operationen bezahlt. Die Patienten müssen nur noch 70 Cent beisteuern. Außerdem haben wir im Krankenhaus ein Zentrum wo sie auch kostenlos wohnen können. Das heißt, die Patienten hier bei den Augen sind wirklich die Ärmsten von allen. Die Hälfte von ihnen hat keine Schuhe und die meisten sind Analphabeten. Wir müssen sehr geduldig mit ihnen sein und trotzdem super schnell arbeiten. Die Ärztin erklärt mir sehr viel und lässt mich die Augen auch mit den verschienen Apparaten anschauen. Meine Aufgabe klingt eigentlich ziemlich simpel. Ich setzte die Opis auf den Stuhl hinter das Mikroskop und stelle die Geräte scharf. Das ganze ist aber ziemlich schwer. Erst mal, sie richtig auf den Sessel setzten ist nicht so einfach und dann ihren Kopf hinter das Gerät bringen… Aber es macht echt Spaß mit den Opis. (Auf madagassisch kann man sie alle „Dada“ nenne. Das heißt Papa. „Dada hier, Dada da, Dada hinsetzen, Dada, das Kinn auf die Stütze geben. Dada, hörst du mich? …“). Die meisten tragen knilange zerrissene Hemden, irgendwelche Jacketts, eine Short oder so was ähnliches wie eine Hose, zerlumpte Hüte und große schwarze Sonnenbrillen. Ich hoffe ich werd noch ein paar Fotos von ihnen machen können. Die Omis sind auch sehr süß mit ihren Kleidchen… Es gibt aber auch relativ viele Kinder die ihre Augen untersuchen und eine Brille brauchen. Die Brillen hier sind relativ teuer (12 Euro).
Gestern hatten wir einen Patienten mit einem Tumor im Auge, der wahrscheinlich bald erblinden wird. Dr Alice hat gemeint, das ist das schwierigste an ihrem Beruf: immer die Wahrheit sagen. Ihr Professor in Indien hat gemeint, man muss den Patienten immer sofort die Wahrheit sagen. Der gestern hat’s noch nicht richtig wahrgenommen. Er hat genickt, ist eine Weile dagesessen und dann zur Türe hinaus geschlappt.
Dr. Alice ist eine sehr gute Ärztin. Heute hat sie ungefähr 50 Kranke empfangen. Sie muss sich wirklich beeilen, sonst wird sich nicht vor 19:00 Uhr fertig (später gibt es aber keine Busse mehr um nach Hause zu kommen). Und trotzdem bleibt sie ruhig mit den Kranken, redet mit ihnen und erklärt ihnen ihr Problem. Sie arbeitet schnell, präzise und fürsorglich.

Ich bleibe diese Woche noch bei den Augen und gehe nächst Woche zum Zahnarzt. – Anfang der Woche war ich schon dort, und das ist auch super. Der Chefarzt hat außerdem gesagt dass sie am Mittwoch noch ein kleines Abschiedsfest mit allen Angestellten für mich machen. Weil nächste ich ja schon meine letzte Woche im Krankenhause… Das kommende Wochenende werde ich noch mit ungefähr der Hälfte der Angestellten wegfahren. Ich bin hier in der „Groupe Artistique“ (Künstler Gruppe) und wir wurden von einer Kirche zu einem Fest eingeladen. Die Kirche feiert ihren 10. Geburtstag und wir fahren gemeinsam mit dem Fußballclub des Krankenhauses ans Land um mit ihnen zu feiern. Zurzeit üben wir jede Mittagspause und nach 16:00 Uhr noch verschiedene Tänze und Lieder dir wir dort aufführen. Ich bin schon sehr gespannt….; ich hoffe es wird nicht zu religiös… - aber sonst wird’s sicher gut.
Das Wochenende darauf fahr ich dann schon mit Mami weg. (Für alle die es noch nicht wissen: Mami ist Madagassin, wohnt aber in der Schweiz und sie ist es, die mir die Adresse von dem Krankenhaus und meiner Familie hier vermittelt hat. Sie kommt nächste Woche mit ihrem Sohn nach Madagaskar und wir fahren gemeinsam in den Norden). Ich freu mich wirklich schon. Es soll sehr schön dort sein und ich mit mir sicher dass es mit Mami sehr nett wird. Ich bleibe wahrscheinlich nur knapp zwei Wochen mit ihr, weil dann fahren wir Jugendliche hier aus der Nachbarschaft zusammen an die Ostküste (…wenn das alles so klappt wie wir uns das vorstellen). Dort bleiben wir 5 Tage und auf unserem Rückweg bleiben wir noch 3 Tage in einem Dorf wo noch weitere Freunde hinzu stoßen (die, für die die Reise bis an die Ostküste zu teuer ist). Dann komm ich zurück nach Tana, mir werden hier noch 3 Tage bleiben und schließlich flieg ich auch schon wieder zurück.
Das ist bis jetzt der Plan. Mal schauen…; ändert sich sicher noch dreimal.
Obwohl ich also noch über einen Monat hier bleibe geht schon alles dem Abschied zu. Zusammengerechnet bin ich vielleicht noch 10 bis 15 Tage in Tana. Ich fang schon an mich von den ersten Leuten zu verabschieden…
Das wars auch schon wieder. Nächste Woche schreibe ich mehr vom Zahnarzt und zeig euch hoffentlich ein paar Fotos von den Dadas und Renys. Ansonsten mach ich noch viel Capoeira und les fleißig die Bibel (- um noch besser beschreiben zu können, dass meiner Ansicht nach Adam nicht mein Dadabe – Großvater – ist. )
Trotz der lieben Dadas freu ich mich schon auf Wien. (Auch wenn das leben teuerer wird…; heut hab ich 4 Freunde zum essen eingeladen und umgerechnet für uns fünf 2 Euro gezahlt). Kathi und Anna…; seit ihr schon wieder da? Ich wart echt schon gespannt auf eure Berichte!!! Und alle anderen: ich freu mich über eure Kommentare. Schreib doch ein bisschen öfter (gilt auch für meine Familie).

…Ach, jetzt fällt mir ein, dass ich ja schreiben wollte wie das ganze hier zustande gekommen ist. Also, das war so…
Irgendwann hab ich mich entschieden Medizin zu studieren (ist noch nicht so lange her). Aber das ist eine andere Geschichte. Ich bin auf diese geniale Uni in Witten Herdecke (Deutschland, Nordrheinwestfalen) gestoßen, die vor Beginn des Studiums ein 6-Monatiges Pflegepraktikum abverlangt. Das fand ich gut, und ich war mir sofort klar, dass ich mindestens einen Teil davon im Ausland (am besten Dritte Welt Land) verbringen wollte. Also hab ich mal angefangen im Internet nach Adresse zu suchen. Ich bin auf verschiedene Organisationen gestoßen, die Praktikumsplätze vermitteln aber zwischen 400 und 600 Euro pro Monat verlangen (für die Vermittelung, Betreuung etc.). Das ist doch ziemlich teuer. Darum hab ich dann selber gesucht. Ich hab allen Leuten davon erzählt, dass ich einen Praktikumsplatz suche und hab dann verschiedene Angebote gefunden (Peru, Südafrika, Sudan, Mauritius…). Madagaskar war das zweite Angebot, und dass hab ich sofort genommen. (Am Anfang hab ich gedacht, die Suche wird schwer. Aber es ist alles ziemlich schnell und einfach gewesen). Das heißt, ich mach hier kein freiwilliges soziales Jahr oder so, sondern einfach nur ein 3-Monatiges Pflegepraktikum um später Medizin studieren zu können. Wer an der Adresse des Spitals interessiert ist, kann mir gerne schreiben. Die Leute hier freuen sich sehr über Westler die an Madagaskar interessiert sind. Ich rate euch aber vorher ein bisschen Madagassisch zu lernen. – Ich hatte mich damals für Madagaskar statt Südamerika entschieden, weil mein Französisch sehr viel besser ist als mein Spanisch. Man kommt zwar mit Französisch sehr gut klar, aber mit den meisten Kranken fällt der Kontakt doch sehr schwer. (…ohne Madagassisch kann man keinen Dada auf den Stuhl hinter das Mikroskop setzen.) Die Ärzte hier sind auf jeden Fall sehr nett und erklären viel (auch wenn ich von den Krankheiten keine Ahnung hab und das meiste was sie erklären auch nur sehr grob verstehe… weil mein Französisch und die Fachausdrücke und…). Und wenn ihr keine Berührungsängste habt, kalte Duschen liebt – und natürlich auch noch auf euren Pass aufpasst - steht eurer Madagaskarreise nichts mehr im Weg! „Soava Dia

Sonntag, 10. September 2006

milay - cool

Ich schau grad in meinen Kalender und seh wer da alles geburtstag hat! … viele parties die ich da wahrscheinlich verpasst. Jo, Martina, Berni, Jan, David und WunWei, ich wünsch euch alles, alles gute. Macht das was ihr wollt!!! …ich freu mich schon drauf euch wieder zu sehen.

Jetzt bleiben mir noch 5 wochen. Und ich wunder mich schon wieder wie oft ich an zu Hause denke. Es sind doch relativ viele sachen die ich vermisse. Mal wieder nicht die einzig weiße zu sein, mal wieder zeitung zu lesen, mal wieder in ein café zu gehen, mal wieder gescheites brot zu essen, mal wieder alles zu verstehen was die leute mir sagen…
Vor ein paar wochen hab ich noch gedacht ich könnt mein ganzes leben hier bleiben. Die leute sind so unkompliziert. Es gibt hier eigentlich kein Problem. Das wird sich schon alles lösen. Man freut sich eigentlich den ganzen tag. Die alten Leute haben die verschrumpelten Gesichter voller Lachfalten und auch die kleinen Kinder schreien viel weniger als bei uns. Aber das was fehlt ist Bildung und Interesse. Jetzt bin ich seit 2 Monaten hier und hab keine ahnung mehr was in der welt abgeht. Ich frag mich ob ich hier zum Beispiel einen 11 .September oder Tsunamie überhaupt mitbekommen würde. Es gibt zwar zeitungen, aber die sind relativ regional und dienen schnell als verpackungs- und klopapier.
Zur Zeit läuft hier eine sendung im fernsehen (auf taxiorange und big brother stile) und das ist das einzige Gesprächsthema. Und das versteh ich schon wieder nicht (vielleicht hab ich das schon mal geschrieben?!). Die Leute kommen hier nach Hause und legen sich ins bett und schalten den fernsehen an. Vohangy (die Mutter der familie hier) hatte vor kurzem 2 wochen ferien und ich glaub sie hat 80% davon fernsehschauend im bett verbracht. Das essen bringen ihr die kinder auch ans bett, so muss sie nie aufstehen. Ich frag die leute oft, warum sie nichts anderes machen. Sie sagen, man fühlt sich nobel vorm fernseher. (am besten ist es, wenn man dabei cola trinkt). Man fühlt sich gehoben und reich wenn man einfach so da liegen kann und fernschaut. Oder sie sagen, es gibt kein geld um etwas anderes zu machen. (Ich bin echt froh, dass ich in eine aktive Familie geboren wurde. Das hier ist echt langweilig…).
Gestern war ich auf meiner ersten Hochzeit. Das hat den ganzen Tag gedauert. Erst gab es die madagassiche Hochzeit (dabei spricht eine Vermittlerin zwischen den beiden Familien und dann wird die Braut übergeben. – früher wurden dann auch die tiere übergeben, um die braut zu kaufen). Danach sind wir in die Kirche gefahren. Das ging relativ schnell (ca. 2 stunden). Gottesdienst, Ringeübergeben, Schleierheben…tralala. So wie bei uns). Und dann sind wir feiern gefahren. Glaub es waren so 200 Gäste da und wir haben die ganze Zeit gegessen, getanzt und gebetet. Das war nett.
Es ist komisch für mich zu wissen, dass ich nie so heiraten werde (ich bin ja nicht christlich). Und wahrscheinlich ist mir das ganze auch zu pompös. Und ausserdem hab ich auch keine 200-köpfige Familie. Aber hier ist das glaub ich die wichtigste Feier im Leben. Was die für einen Aufwand treiben…; Vohangy (meine Mutter hier), hat sich drei Kleider schneidern lassen um dann am Schluss eins auszusuchen. Ich musste mir auch was schneidern lassen (ich hab schließlich nichts feierliches zum anziehen mitgenommen). Die Mädels hier sind alle wahnsinnig kitschig. Sie haben rosa und blaue Plüschkleider getragen. Gab (mein Bruder hier) hat sich seine Locken abschneiden müssen (die waren vielleicht 8 Centimeter lang) um gesittet auszusehen. Echt Schade.
Ansonsten gabs in der Woche nichts besonderes. Wir planen schon meinen Abschied. Wenn alles gut geht fahren wir (nur die jungen) noch eine Woche an die Küste. Das sind alle meine Freunde hier aus der Nachbarschaft und vielleicht ein paar aus dem Krankenhaus. Das wär wirklich super. Aber vielleicht wird’s auch nur ein Wochenende. Mal schaun.
Achja, jetzt hat auch schon der Pastor im Krankenhaus versucht mich zu missionieren. Ich bin einfach noch nicht auf dem richtigen Weg, heißt es hier.
Ich bin schon wieder auf dem Sprung. Capoiera lässt grüßen…
Noch einen schönen Sonntag,
Pia

:::hab grad eure antwroten gelesen. Danke; danke. Ich schreib euch naechstes mal – bin bei eine, freund und komm mit der tastatru nicht klar. Schreib dann genauer was ich hier mach und warum ich hier bin. Danke tommi. Gruess anna und kathi ganz lieb von mir.

Dienstag, 5. September 2006

sososo

..und jetzt der Bericht den fast jeder Reisende einmal schreibt…; mein Pass und noch ein bissl mehr wurden geklaut. Im Krankenhaus. Gott sei Dank hätte es wie immer auch schlimmer kommen können aber trotzdem zeigt sich Madagaskar von seinen schlechteren Seiten. Ich war gerade vorher so glücklich gewesen aber jetzt lern ich die Leute mal anders kennen. Das ganze ist Donnerstag passiert. Ich hab meine Tasche wie meistens neben dem Operationssaal gelassen. Das Gute ist, dass ich mein Handy bei mir hatte und meinen Fotoapparat zu Hause. Das Schlechte ist, dass ich zur Bank gehen wollte und deshalb meinen Pass, zwei Traveler Checks und mein Karten (Bankomat und Credit) dabei hatte. Außerdem den Schlüssel von hier. Ich hatte von Donnerstag auf Freitag Nachtdienst und mir ist es erst am Freitagmorgen aufgefallen. Der Chefarzt hat gleich eine Versammlung mit allen Angestellten einberufen und ich habe erklärt dass ich nicht böse bin. Bin ich auch nicht. Kann ich gut verstehen dass man das nimmt. Na, auf jeden Fall hab ich gebeten mir den Pass wieder zu geben. Aber bis jetzt ist nichts aufgetaucht, glaub auch nicht dass noch was auftaucht. Keine Ahnung wer das Zeug genommen hat. Ist mir eigentlich auch egal. Den Pass kann ich schon wieder organisieren, die Karten sind schon gesperrt, dass heißt das ganze ist nur halb so wild (…Ach Papa, du wirst dich wieder mal über mich ärgern. Aber hast eh recht…). Für mich ist das schlimmere, wie die Leute hier reagieren. Ich bin sehr traurig und schockiert. Als ich heute (Samstag) ins Krankenhaus gekommen bin haben mich gleich verschieden Leute zur Seite gezogen und mir gesagt dass ich aufpassen muss. Sie haben gemeint, die Angestellten in der Chirurgie (die ich bis jetzt eigentlich am coolsten fand) „deteste-moi maintenant“ (hassen mich jetzt). Weil sie natürlich des Diebstahls verdächtigt werden. Mir wurde sogar geraten nicht mehr in der Chirurgie zu arbeiten sondern sofort die Station zu wechseln weil sie wohl so sehr auf mich schimpfen. Ich war echt traurig. (Am Donnerstag hat mir noch jemand erzählt dass gerade die Leute in der Chirurgie sich so freuen dass ich mit ihnen arbeite und mich wirklich gern haben). Ich bin dann eine Weile nur herumgestanden und hab nicht gewusst wo ich hin gehen soll. Dann bin ich einfach in die Chirurgie gegangen (weils mir ja dort vorher am besten gefallen hat). In der Chirurgie hab ich dann mit den Leuten geredete und gesagt dass ich sehr unglücklich über dass bin was ich hier höre aber eigentlich interessiert es mich nicht. Ich verdächtige niemanden und werde mich auch für sie einsetzten dass mit ihnen nichts passiert (…weil angeblich greift der Chefarzt bei solchen Sachen hart durch) und hoffe dass wir weiter gut miteinander klar kommen. Und es gab bis jetzt noch keine Probleme. Eigentlich sind sie so cool wie vorher. Ich hoffe dass in einer Woche die ganze Geschichte vergessen ist. Aber im Moment bilden sich Gruppen, wer auf welcher Seite ist und wer wen verdächtigt und und und… Jeder gibt mir andere Ratschläge. Ich höre auf keinen. Am Montag geh ich zur Botschaft.
Ich hab ansonsten eine arge Woche hinter mir. Ich hab meine erste eigene Patientin und heute eine Beschneidung in einem Dorf durchgeführt. Außerdem gibt’s eine neue Mitarbeiterin, eine Deutsche die Hebamme ist. Aber ich fang vorne an.
Unser Pastor ist entlassen worden. Ich bin glücklich und traurig. Ich hab ihn jetzt immerhin jeden Tag gesehen. (Die Deutsche Hebamme war übrigens entsetzt dass man nach einer Gehirntumoroperation nur zwei Wochen stationiert bleibt).
Am Montag haben wir zwei Prostataoperationen durchgeführt. Die sind ziemlich langweilig, weil wieder nur mit Kamera operiert wird. Dass heißt ich kann nichts helfen. Die erste Operation hat sehr lange gedauert (über zwei Stunden, für eine Prostataoperation sehr lange) und der Patient, schon 80 Jahre alt, hat sehr viel Blut verloren. Im „Salle-de-reveille“ (Aufwachsaal?) haben wir ihm dann alle unsere Jacken gegeben und ich habe versucht ihn einzuschläfern. Er war ziemlich unruhig. Ich hab’s mit deutschen Schlafliedern versucht aber ohne Erfolg. Nach einer Stunde musste ich gehen, weil wir eine zweite Operation hatten. Als ich danach wieder gekommen bin hat er dann geschlafen und ich bin froh noch Hause gegangen. Am nächsten Tag bin ich gleich zu ihm gegangen und war erfreut zu sehen, dass niemand mehr da ist. Hab gedacht er ist schon in seinem Zimmer. Aber er ist noch am Vorabend gestorben.
Ziemlich traurig. Der Arzt war auch sehr schockiert. Das war schon der zweite Patient innerhalb von 5 Tagen der an dieser Operation gestorben ist. Trotzdem hat er am gleichen Tag noch weitere Prostataoperationen durchgeführt. Ich bin eine Weile nur dagestanden und hab gar nicht gewusst was ich denken soll. Man redet mit jemandem und zwei Stunden später ist er tot. Also ist nicht mehr. Ich bin sehr traurig. Aber der Tod ist so normal. Und wir können eh nichts ändern. Gott sei Dank war der Mann schon 80 Jahre alt. Das ist ein halbes Relikt hier in Madagaskar. Und für uns geht das Leben normal weiter. Ich glaube für den Arzt muss es am schlimmsten sein. Er hat mir erzählt er konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Der Arme. Aber inzwischen geht es ihm besser. Da haben die Madagassen es echt gut, dass sie gläubig sind. Der alte Mann ist jetzt im Himmel.
Am Mittwoch ist dann eine neue Patienten die an Depressionen leidet in den „Service Clinique“ gekommen (da arbeite ich nicht) aber sie haben mich geholt und gefragt ob ich helfen kann. Ich bin zur ihr ins Krankenzimmer gekommen und die Frau (25 Jahre alt) ist mir gleich weinend um den Hals gefallen und hat mir ihre ganze Geschichte erzählt. Vor ungefähr zwei Jahren hat sie angefangen im Internet nach Männer zu suchen und hat einen Mann in Deutschland gefunden (Mitte 40) der ihr die Reise finanziert hat und sie „bei sich aufgenommen hat“. (Das ist übrigens schon die zweite junge Frau dich ich hier kennen lerne, die das macht. Die Mädels sind hier echt verrückt nach Geld und Luxus). Sie ist zu ihm geflogen und er hat sie auch wirklich vom Flughafen abgeholt. Er hat eine Firma und sie wohnt bei ihm (in der Wohnung über seinem Büro). Er hat ihr alles finanziert und sie hat fleißig seinen Haushalt gemacht und die Sprachschule besucht. (Ich glaube sie ist sehr gescheit, denn sie spricht wirklich sehr gut deutsch. Wir reden Deutsch miteinander).
Sie liebt ihn. Er war so gut zu ihr, meint sie. Er hat ihr Blumen mit zum Flughafen gebracht. Rosen.
Ich kann mir das echt nicht vorstellen. Aber die beiden haben sich echt ineinander verliebt. Das Problem ist, dass sie nicht arbeiten darf. Sie will aber viel Geld haben um ihrer Familie etwas zu schicken. Außerdem möchte sie im Luxus leben. Sie möchte nicht bei Pimky, Orsay oder C&A einkaufen. Sie möchte einen guten Computer haben. Also hat sie angefangen in der Firma von ihm zu Putzen – gemeinsam mit ihrer zukünftigen Schwiegermutter. 2 Stunden in der Woche für 400 Euro im Monat. (…so einen Job such ich auch…). Ihre Schwiegermutter hat ihr nur 200 Euro gegeben. …ich glaube so hat der ganze Streit angefangen. Ihr reicht das nicht.
Na, auf jeden Fall wollte sie jetzt zurückfliegen um ihre Familie zu besuchen. Er hat sie nach Paris gebracht und sie „fühlten sich wie die einzigen Menschen auf dieser Welt“. Aber kaum angekommen in Mada, schreibt er ihr ein SMS sie passen nicht mehr zusammen. Die Beziehung ist aus.
Lala (so heißt sie) ist in den Hungerstreik getreten. Und so hat ihre Mutter sie ins Krankenhaus gebracht. So schwach, dass sie nicht mehr stehen kann. Sie hängt jetzt am Tropf und ich verbringe meine ganze Zeit bei mir und versuch sie in die Realität zu holen. Die gute Lala will nicht mehr in Madagaskar leben. Von einem Tag auf den anderen hat sie ihre große Liebe verlassen, und ein Leben in Deutschland ist auch nicht mehr möglich. Aber sie will so schnell wie möglich wieder nach Europa. Nur wie? Ich hab auch keine Ahnung. Ihre beste Idee, sich schnell wieder einen anderen Mann im Internet zu suchen, hab ich ihr glaub ich (hoffe ich) schon ausgeredet. Sie isst auch schon wieder. Aber das ganze ist echt schlimm. Ich weiß oft nicht was ich sagen soll. ---- ich sitz grad auf meinen Balkon und es kommt eben ein Umzug vorbei. Mit Musik und so weiter. Die Leute gehen einen Verwandten aus dem Grab holen (das machen sie alle 7 Jahre). Da geh ich jetzt mit. Ich schreib nachher weiter!

04.09.06
…also, da bin ich wieder. Wir konnten gestern leider nicht mitgehen. Die Zeremonie war in einem Haus. Schade. Die holen die Toten aus dem Grab und essen dann mit ihnen. Auch wenn nur noch das Skelett da ist. Sie füttern sie sogar.

Im Krankenhaus passt heute wieder alles. Ich war auch schon bei der Botschaft und bekomme einen Passersatz. Ist alles ziemlich unkompliziert, nur leider sehr teuer (Pardon, Papa). Meine Patientin isst wieder und es geht ihr schon besser! Eine andere Freundin hat heute ein Kind im Krankenhaus zur Welt gebracht. Ein kleiner Junge. …vor der Geburt hat sie gesagt wenn es ein Mädchen wird, nennt sie es Pia. Die Frauen hier sind echt alle so mutig. Sie verziehen ihr Gesicht und schon ist das Baby da. Ich hab bis jetzt noch keine Frau schreien gehört. Als ich den Frauen hier gesagt hab wie mutig ich sie finde haben die Hebammen gesagt, dass sind nur die „Vazas“ (Weißen) die schreien! Am Mittwoch ist eine Deutsche, Tanja, ins Krankenhaus gekommen. Sie bleibt hier für drei Jahre und arbeitet als Hebamme. Sie hat gemeint sie weiß nicht ob sie nach Madagaskar noch in Deutschland arbeiten kann (…so wie sich die Weißen anstellen  ).

Am Donnerstag hab ich meinen ersten Nachtdienst mitgemacht. (Die meisten Ärzte haben zwei Nachtdienste in der Woche. Da arbeiten sie dann 24 Stunden am Stück). Wir haben einen kleinen Jungen geboren (sonst war nichts los). Die Geburten im Krankenhaus sind schon anders als die hier zu Hause. Die Kinder und die Mutter bekommen viele Medikamente und es gibt einen gescheites Bett zum gebären. Außerdem bleiben die Frauen noch eine Weile unter Beobachtung (hier zu Hause gibt es Frauen die 30 Minuten nach der Geburt mit dem Baby unterm Arm nach Hause stapfen). Die Hebamme hat gemeint bei der nächsten Geburt darf ich das Baby rausholen und die Nabelschnur abschneiden…. Na mal schaun.

Am Samstagnachmittag sind wir in ein Dorf gefahren um dort Beschneidungen durchzuführen. Das Dorf besteht aus vielen kleinen Lehmhäuschen und einer Kirche. Die Kirche ist eine große Bretterhütte mit vielen Löchern in der Decke. Eigentlich sollten wir dort 4 Jungs beschneiden aber es ist nur einer gekommen. Das schwierige bei den Beschneidungen ist, dass die Anästhesie nur 10 Minuten hält. Das heißt man muss sich von Anfang an beeilen sonst zappeln die Jungs beim Nähen zu viel. (Das war bei mir beim letzten mal so). Die Kleinen bringen drei Leute mit, die sie festhalten. Zwei für die Beine und einen für den Oberkörper. Ich habe inzwischen gar keine Angst mehr vorm Nähen und Schneiden. Die Stiche sind einfach und ich schaffe es auch schon meistens mit einem Versuch durchzustechen!
….ach, jetzt wurde ich schon wieder unterbrochen. Es gibt schon wieder eine Geburt! – eine besondere! Das ist meine erste Geburt, bei der der Mann da bleibt (sonst warten sie immer draußen oder kommen gar nicht). Aber es dauert noch ein paar Stunden, also kann ich noch ein bisschen weiter schreiben.

Ich habe mich an Madagaskar gewöhnt. Hier im Viertel kennen mich schon alle Leute und auch in den Bussen und auf den Märkten fühle ich mich nicht mehr zu weiß. Das Leben ist nicht mehr so anstrengend wie vorher. Die ersten vier Wochen waren echt ermüdend. Ich fühlte mich immer beobachtet und jeder kleinste Spaziergang hat mich wegen der vielen Eindrücke ziemlich geschafft. Inzwischen verstehe ich das meiste was die Menschen mir sagen und ich habe nicht mehr das Gefühl, dass man hinter meine Rücken über mich redet (oder zumindest fange ich an zu verstehen was gesagt wird). Außerdem hab ich mein Programm zurückgeschraubt. Ich gehe nicht mehr tanzen und lebe sehr langsam (ich lass mir immer viel Zeit und plane nichts mehr). Ich versuche noch so viel wie möglich das Leben hier einfach zu genießen, den die Zeit vergeht so schnell und mein Aufenthalt ist fast schon vorbei. Mir bleiben nur noch drei Wochen Praktikum im Krankenhaus. Diese Woche in der Chirurgie, eine Woche beim Zahnarzt und eine Woche bei den Augen. Danach reise ich noch drei Wochen durchs Land und dann komm ich auch schon wieder.
Ich träume schon sehr viel von Witten (der Uni wo ich hin will). Vor kurzen hab ich geträumt dass meine Bewerbung zu spät angekommen ist und ich nicht mehr bei der Aufnahme mitmachen kann. …Gott sei Dank weiß ich dass meine echte Bewerbung schon angekommen ist. Oft wundere ich mich hier, wie oft ich an Österreich, Deutschland und euch alle denke. Ich schaffe es nicht einfach vor mich hinzuleben. Obwohl ich jeden Tag liebe und wirklich glücklich bin zähle ich ständig die Wochen die mir noch bleiben. Ich weiß nicht woran das liegt. Vielleicht sind drei Monate einfach doch zu kurz. Oft denke ich, wenn ich länger hier wäre würde ich dies und das machen. Zum Beispiel mein Zimmer schöner einrichten. Anfangen gescheit zu Frühstücken. Meine Kleider öfter waschen. Vielleicht würde ich mir ein Fahrrad kaufen, oder endlich neue Batterien für meine Taschenlampe… aber so schieb ich diese Sachen vor mir her, weil ich ja eh bald zurückkomme.
Die Madagassen sind sehr anders als die Europäer. Vor kurzem hab ich über Goethes Faust nachgedacht (das war ja mein Deutsch Spezialgebiet bei der Matura) und bin draufgekommen, dass der hier wirklich nicht her passt. Das, was Goethe dort als so essentiell beschreibt, das menschliche Streben, das ständige arbeiten, den Forschertrieb oder einfach nur die Ungeduld und das ständige Fragen und suchen nach Antworten, finde ich hier nicht. Das klingt jetzt sehr böse (ist aber durchaus auch positiv gemeint), aber hier sehe ich den Mensch wirklich oft nur als sehr intelligentes Tier. Er lebt sein Leben vor sich hin und ist zufrieden. Er kommt nach Hause und schaltet den Fernsehe ein und isst. Er steht auf der Straße und wartet. Aber er wartet auch nichts, weil ja doch nichts passiert und sich doch nichts ändert. Die meisten Deutschen können das nicht (ich kann das bei uns auch nicht). Einfach nur rumstehen und froh sein. Ich kann nicht einfach so nur rumstehen. Ich muss irgendwas machen oder planen. Hier erledigt sich das Hinterfragen der Dinge mit dem strengen Glauben, und der Sinn des Lebens wäre damit auch geklärt.

…und jetzt wurde ich schon wieder unterbrochen. Das Baby ist jetzt da! Ein Mädchen und der Papa hatte während der Geburt mehr Angst als die Mama. Die Mama von der Mama hat geweint und ich hab noch nie so eine schöne Geburt gesehen. Und weil’s jetzt schon sehr spät ist geh ich jetzt schlafen.

@Kaweechelchen: …endlich antworte ich dir! Ich freu mich wirklich, dass es auch Leute gibt, die ich sogar nicht kenne, die meine Sachen hier lesen! Sobald ich wieder zu Hause bin werd ich dir genau erzählen wie ich hierzu gekommen bin!!! Danke auf jeden Fall für deine Hilfe. Das ist echt lieb von dir!

Montag, 28. August 2006

27.08.06

Eigentlich sollte ich jetzt wirklich schlafen gehen…, aber jetzt muss ich endlich aufschreiben was inzwischen passiert ist (sonst wird das immer mehr und ich vergess die hälfte).
Also, nach den operationen hab ich dann gleich einen toten behandelt. Es war am Mittwoch abend, eigentlich wollte ich freunde in der stadt treffen, aber dann ist dieser mann am Nachmittag gestorben und wird haben ihn drei stunden nach seinem offiziellen Tod mit Formol versetzt. Dazu haben wir die Vene in seinem Oberschenkel gesucht und über ein Kabel 1 Liter Formol in den Körper gepumpt. Das war sehr komisch, hat mich aber weniger berührt als die Operationen. Sein Bauch und seine Arme waren noch ganz warm aber seine Hände schon eiskalt. Nachdem wir das Formol eingepumpt hatten, haben ich (wie bei einer normalen OP) die Wunde wieder zugenäht. Wir haben vergessen sein Auge ganz zu schließen, deshalb hat er uns die ganze Zeit angeschaut. 10 Minuten nachdem wir fertig waren ist sein Körper dann schon ziemlich hart gewesen und wir haben das Auge nicht mehr zubekommen. Eigentlich wollten wir ihm auch ein Lächeln aufsetzen aber auch dafür wars schon zuspät. Ich hab fünf Minuten versucht sein Auge zuzudrücken, aber ich habe nur eine delle hinterlassen. Es ist trotzdem wieder aufgegangen. Ich hab ein Foto von ihm gemacht. Das stell ich nicht auf die Homepage, es war schon komisch genug ein Foto zu machen. Bissl makaber. Angeblich hält sich sein Körper so jetzt mindestens ein Jahr. – wenn man aber mehr als 12 Stunden mit der Formolisation wartet, geht’s schon nicht mehr. Der Körper fängt schon an sich zu versetzten.
Seine Familie hat vor der Tür gewartet. Als wir fertig waren (hat ca eine Stunde gebraucht) haben sie ihn gewaschen. Da durfte ich nicht dabei sein (weil ich eine Frau bin und der Tote ein Mann).
Ich bin sehr überrascht wie normal das ganze für mich war. Als wir vor kurzen hier in der Nachbarschaft einen Toten betrauert haben fand ich das sehr viel komischer als der Tote im Krankenhaus. Damals war das der erste Tote den ich gesehen hatte. Aber jetzt… Ich hatte ein bisschen Angst davor, aber es war alles so normal. George (er arbeitet in der Chirurgie) und ich haben das zusammen gemacht – er macht das schon seit 20 Jahren – und er hat mir alles erklärt. Beim nähen musste ich mich das erste mal nicht beeilen weil keine Anästhesie zu Ende geht. Das war also meine erste Formolisation.
Ansonsten gibt’s im Krankenhaus nicht so viel Neues. Unser Pastor (der mit dem Gehirntumor) wird morgen (Montag) entlassen. Das freut mich sehr. Es geht im wirklich gut. Wir haben einen Selbstmörder stationiert, der sich sehr freut dass sein Selbstmord nicht funktioniert hat. Er sieht lieb aus mit seinem großen Verband um den Hals und dem großen Grinser im Gesicht. Aber ich hab ihn noch nicht gesprochen. Vielleicht morgen.
Achja, ich war im Irrenhaus. Das ist ca. 30 Meter neben dem Spital. Das ist komisch. Ich habe dort eine Blutprobe genommen. Es ist ein kleines Zimmer mit ungefähr acht Betten. Die Irren sind je nach Fall mit einer Leine am Bett angebunden. Angeblich hab ich Glück gehabt weil das letzte Mal wurde der Arzt von der Irren verprügelt und gebissen. Aber diesmal war sie ganze ruhig (ich hätte nicht mal gemerkt das das ganze ein Irrenhaus ist wenn nicht die Leinen gewesen wären…).
Ab morgen arbeite ich richtig in der Chirurgie (endlich!).
Jetzt bin ich wirklich zu müde um vom Wochenende zu schreiben…; morgen also!

Ich hab mich echt über eure ganzen Antworten gefreut! Hab gar nicht gewusst dass doch einige Gammas meine Seite lesen! Cool. – das Internet hier ist so langsam dass ichs fast nie auf unsere Gamma Seite schaffe. – Muss ich nachholen wenn ich wieder komme. Außerdem freu ich mich schon drauf wieder mit euch wegzugehen….!!!! – in Wien ist doch mehr los als hier. Aber – morgen mehr! Gute Nacht (Tafandrimandri)

Dienstag, 22. August 2006

chirurgie

chirurgie

In der letzten woche hab ich teilweise in der chirurgie gearbeitet. …ich hoffe ich muss mich nie operieren lassen ! Ich glaube das ist dort schlimmer als beim fleischer!
Die längste operation war bei einem pastor, dem wir einen gehirntumor herausgenommen haben. Die operation hat acht stunden gedauert (aber ich war nur teilweise dabei). Wir haben zuerst die kopfhaut aufgeschnitten und zur seite geklappt. Danach wurden vier löcher in den schädel gebohrt um mit einer elastischen säge den kopf von innen aufzuschneiden. Wir haben also einen deckel in den kopf geschnitten, den wir dann abgenommen haben. Als nächstes wurde der muskel aufgeschnitten und dann der tumor herausgenommen. Der war ungefähr so groß wie meine faust. Danach haben wir das ganze wieder zugeklappt. Ich habe viel helfen dürfen. Ich habe den muskel zur seite gehalten und teilweise beim schneiden geholfen. Ausserdem hab ich die naht (ungf. Von einem ohr bis zum anderen) zugenäht. Das ganze ist sehr komisch. Wenn man am anfang den patient aus seinem zimmer in den Operationssaal fährt und weiß dass es sehr unsicher ist dass bei der Operation alles funktioniert! (Sie haben gemeint viele Patienten überleben die Operation nicht oder sind nachher behindert). Trotzdem redet man ganz normal mit ihm. Das ganze ist so routiniert. Jeder macht einfach das war er zu tun hat. Der Kranke schläft langsam ein und wir machen das gleiche wie jeden tag. Die Lichter vorbereiten, die messer bereitlegen, die geräte anmachen, die hände waschen, die sterile kleidung anlegen, die handschuhe …. Und wenn der patient schläft dann fängt man an zu schneiden. Das ist der komischste moment finde ich. Ich versteh noch immer nicht, dass dann der kranke nichts spürt. Das Messer ansetzen, und einfach in seinen kopf, arm oder bauch schneiden. Aber eigentlich ist es ein bisschen so, wie wenn man ein stück butter abschneidet. Man vergisst, dass man einen Menschen operiert. Man sieht ja auch nur die Wunde und meistens nicht den ganzen körper oder das gesicht. Dann sickert langsam das warme Blut auf die Handschuhe und man schneidet weiter. Manchmal nur eine halbe Stunde, manchmal acht stunden. Wenn der erste schnitt gemacht ist habe ich keine probleme mehr weiter zu machen. Trotzdem ist es komisch. Manchmal verwenden die chirurgen ihr ganzes körpergewicht um einen knochen wieder an seinen Platz zu setzten. Dabei spritz das Blut und die Fleischfetzen hängen über all…; der Pastor hat bei der Operation sehr viel Blut verloren. Wir haben insgesamt 11 Liter für ihn gespendet. Da wir keine Blutbank haben, haben wie das Blut frisch gespendet. Ich wurde bei Mittagessen gefragt. 10 Minuten später habe ich gespendet und 30 Minuten später hat der Pastor das Blut schon bekommen. Am nächsten morgen habe ich ihn gesehen und er hat sehr perplex ausgesehen. Seine Mund war die ganze Zeit offen und er hat entweder geschlafen oder auf die decke starrt. Ich hab schon befürchtet wir hätten etwas falsches rausgeschnitten. Aber jetzt geht es ihm sehr gut. Ich besuch ihn jeden tag und weil mein madagassisch noch immer nicht so toll ist lachen wir meistens nur. Er ist auf jeden fall noch der gleiche und die Krankenschwester hat gemeint es ist ein Mirakel dass das alles so geklappt hat.
Der zweite Patient den ich täglich besuche ist ein bisexueller. Er (laut Pass ist der Mensch männlich) ist 27 Jahre alt und ist zweigeschlechtlich. Er hat eine Gebärmutter, hatte mal Brüste (die wurden schon abgenommen), und ist ansonsten männlich. Ihn haben wir nur über den Computer operiert. Wir haben wieder vier Löcher gebohrt und über diese Löcher den Bauch aufgepumpt. Danach habe einer eine Kamera mit einer kleinen Lampe über eines der Löcher eingeführt und über die anderen Löcher verschiedenen Messer und Klammern. Und dann ca. 4 Stunden operiert. Eigentlich sollte das ganze nur 1 Stunde dauern, aber weil bei ihm im Unterleib alles so komisch war haben wir uns nicht ausgekannt (…ich schon gar nicht). Ich weiß nicht genau was wir alles gemacht haben (eine Menge Organe herumgeschoben) und letztendlich einen Hoden herausgeschnitten (der war irgendwo in seinem bauch, wir haben versucht ihn herunterzuschieben, das ging nicht, da haben sie ihn abgeschnitten). Auch ihm geht es jetzt (wie dem Pastor) gut. In ein paar Monaten wird ihm die Gebärmutter herausgeschnitten.
Seit seiner Operation sehen wir uns jeden Tag und her hat mir schon sein ganzes Leben erzählt. Heut hat er gemeint, es gibt wahrscheinlich niemanden der so viel über ihn weiß wie ich (… ist auch nicht so schwer, es gibt vielleicht nur 5 Leute - außer den Ärzten – die wissen dass er zweigeschlechtlich ist).
Ich bin auf jeden Fall echt froh, dass ich eingeschlechtlich bin. Das ist wirklich komisch, wenn man weder weiblich noch männlich ist - oder eben beides.
Ab morgen arbeite ich im Labor. Da bleib ich ein bisschen (wies mir halt gefällt) und dann fängt mein richtiges Praktikum in der Chirgurgie an (jetzt bin ich einfach nur für ein paar Operationen hingegangen). Aber es bleiben mir nur noch 8,5 Wochen hier in Madagaskar. Wenn ich auch noch ein bisschen reisen will, vielleicht noch 6 wochen praktikum. Die Zeit vergeht echt schnell…

@Tommi: …ich versteh dich gut! Ich hab auch das gefühl, dass wir alle auf der ganzen welt verstreut sind! Hey, aber bald hast du’s hinter dir! Wie lange dauert der Zivildienst noch? Und hast du eigentlich schon einen Plan B?
@Asquina: oh, ich wünsch die alles, alles gute! Irgendwie scheinen wir gerade alle das zu suchen, was zu uns passt! Ich bin mir sicher, dass du mit ein bisschen Mut und Glück einen Ausbildungsplatz findest!
@Jakob: deine berichte sind echt super! Ich bekomm immer das gefühl, ich hätte gar nicht nach madagskar gehen müssen um was besonderes zu erleben. Das Militär scheint mindestens genauso gehaltvoll zu sein.
@Luisa und Hannah: ich hab gar nicht gewusst, dass ihr schon das Radioprojekt hattet! …das scheint schon ewig her zu sein! Wann fängt denn die walz wieder an? Grüßt mir alle wazlisten in der Nähe!
@gammas: gibt’s euch noch?

...hier endlich ein paar fotos
erst das krankenhaus


spital1



spital3

spital4

...ein paar aerzte die in der mittagspause einen tanz einueben...


tanzen

und ich nach einer geburt zu hause:
geburt

der ausblick von unserem dach zu hause

ausblick-dach

bei einer taufe am land - ich mit rado; der aelteste bruder


taufe

und ich bei freunden zum essen

Dienstag, 15. August 2006

Vauvau… (Neuigkeiten auf madagassisch)

15.08.06

Hey ihr lieben,
ich schreibe euch nach einer woche ferien! Ihr wisst ja schon, dass ich letzte woche krank war und heute ist feiertag, gestern hab ich nicht gearbeitet…, das macht fast eine woche ferien!
Mir geht’s sehr sehr gut. Am wochenende war ich in antsirabe (die zweitgrößte stadt auf Madagaskar) …und habe capoiera gemacht. Das war wirklich angengenehm. Wir (ca. 15 andere leute die hier in tana capoiera machen) haben uns am Freitag Nachmittag in der stadt getroffen und sind nach antsirabe gefahren. Wir haben uns um drei getroffen und bis alle da waren und wir losgefahren sind war es sechs. Ein bisschen schade, weil da war es schon dunkel und so konnte ich nichts von der landschaft sehen. Aber es war trotzdem lustig. Wir sind mit einem minibus gefahren der erstaunlich gut erhalten war (man konnte sich sogar an der tür anlehnen…, das trau ich mich hier nur sehr selten).Immer wenn wir angehalten haben, haben mir die burschen (wir warn nur zwei mädchen und der rest burschen) irgendwelche typsichen madagassischen snacks durchs fenster gekauft.das war wirklich sehr nett (und sehr lecker). Achja, wir waren nur zwei mädchen weil die mädchen hier fast keinen freiraum haben. Es gibt nur sehr wenig eltern die ihrer tochter (sogar wenn sie schon älter ist als ich) einfach so wegfahren lässt. Hier zu hause dürfen uns zum beispiel auch nur sehr selten mädchen besuchen (die beiden älteren jungs haben eine freundin die sie wenn der vater zu hause ist nie mitbringen – dafür müssten sie sich erst verloben).
Wir haben die ganze busfahrt gesungen (natürlich capoieralieder)– und die madagassen singen genauso gut wie die afrikaner. Vielleicht werden wir eine cd aufnehmen dann könnt ihr sie auch hören!
In antsirabe war es saukalt. Nachts vielleicht 0 grad.ich habe alle meine pullover angezogen. Tagsüber war es warm.heiß. wir haben in einem haus geschlafen das den eltern von einem von uns gehört. Gegessen haben wir in irgendwelchen madagassischen restaurants (das menü ist in jedem von denen das gleiche. Was vegetarisches gibt’s nicht. Mir bleibt meistens die wahl zwischben bohnen mit würstchen oder bohnen und würstchen und manchmal auch bohnen und würstchen. Ausser ich esse gleich einen hühnerfuß. Aber das mach ich nicht weil mir die bohnen und würstchen ganz gut schmecken. Einmal gab es auch erbsen und würstchen. Das war auch gut.). zum frühstück haben wir samosas oder irgendwelche anderen frittierten sachen oder suppe gegessen. ….mei, die essen hier echt viel!
Dann haben wir den ganzen tag trainiert. Das war super. Unser lehrer hier ist einer der berühmtesten tänzer von madagsakar. Er hat sich capoiera selber beigebracht und spielt wirklich sehr gut. Er unterrichtet eben auch in antsirabe (glaub er ist der einzige capoieralehrer auf madagaskar) und deshalb sind wir hingefahren und haben dort ca 20 andere capoieristas getroffen. Wir haben immer und überall gespielt. Auch wenn wir nur spazieren waren (das dauert hier immer sehr lang weil man ständig anhält und madagassisch auf nichts wartet. Ungefähr 30 minuten und dann geht man weiter). Wenn wir gewartet haben, haben wir meistens capoeira gespielt. Die leute auf der straße haben uns zugeschaut und madagassische tänze weiter getanzt. Die kann ich jetzt auch schon ein bisschen. Hier tanzt und singt jeder.
Na, da waren wir auf jedenfall zwei tage und Montag morgen um drei in der früh sind wir dann zurückgefahren und waren am morgen hier. Gott sei dank musste ich am Montag nicht arbeiten (im krankenhaus haben sie gemeint wenn ich zu müde bin ist es o.k wenn ich zu hause bleibe ) und ich war sehr müde und habe geschlafen. Am Nachmittag habe ich meine wäsche gewaschen. Ich werde immer besser damit aber für die weissen pullover und t-shirts hab ich noch immer zwei stunden gebraucht. Ach und wir waren bei irgendwelchen nachbarn wo viele andere nachbarn waren tischtennis spielen.
Heute hab ich mir zöpfe machen lassen (die die mich nach südafrika gesehen haben wissen ungefähr wie ich aussehe und für die anderen wird ich versuchen ein foto hier auf die homepage zu stellen). Am Nachmittag haben wir für irgendein konzert in einer kirche geprobt. Ich bin mit der geige schon überall eingeplant.

Das wars soweit. Morgen geh ich wieder arbeiten. Die ferien sind vorbei. Aber das ist auch gut (wobei ich noch länger so vor mich hinleben könnte…).
Ich schreib euch bald neues aus dem krankenhaus!

...hier ein foto
zopf

Donnerstag, 10. August 2006

10.08.06

Hallo ihr Lieben,
oh.. vielen dank für eure vielen netten antworten!!! Das freut mich echt.
Ich bin heute und morgen krank gemeldet…; da hab ich endlich viel Zeit euch zu schreiben. Mich drehts zwar ein bisschen und ich hab ein wenig Fieber, aber – wir haben mich schon auf Malaria getestet und das ist es sicher nicht. Also kann ich ganz beruhigt krank sein. Wahrscheinlich hab ich nur zu wenig geschlafen und zu viel komische Sachen gegessen.
Aber ich fang mal wieder von vorne an.
Das Mädchen von dem ich geschrieben hab ist leider noch nicht zurück ins Krankenhaus gekommen. Mein Papa hat auch schon gesagt er würde die Behandlungskosten übernehmen. Also, ich hab im Krankenhaus auf jeden Fall gesagt, falls sie wieder kommt soll sie dableiben. Dr. Nirina (die Ärztin mit der ich am meisten zusammenarbeite) hat gemeint sie hofft dass das Mädchen noch lebt. Vielleicht kommt sie nicht, weil sie schon tot ist. …hoffentlich nicht! Ich werd euch sofort bescheid geben, wenn sie kommt!
Ansonsten habe ich mit dem Chefarzt ein Gespräch gehabt, und er hat mich auch gefragt ob ich nicht jemanden kenne, der das Krankenhaus unterstützen kann. Flo, ich finde deine Idee super, ein paar größere Sachen zu starten. Ich habe den Chefarzt schon gebeten, ob er vielleicht etwas über die Geschichte oder die allgemeine Situation des Krankenhauses schreiben kann. Das werd ich dann übersetzen und euch schicken. Er hat gemeint sie freuen sich über alles. Er hat mir von Leuten erzählt die schon Bücher gespendet haben, oder zum Beispiel Farbe um die Häuser neu anzumalen… (bei solchen Sachen müssten wir halte überlegen wie sinnvoll das ist, von Österreich hierher zu schicken). Aber ich werde noch mal mit ihm reden welche Sachen sinnvoll sind.
Ansonsten habe ich auch an Patenschaften gedacht. Das werde ich noch diese Woche im Krankenhaus besprechen. Ich hab mir das so vorgestellt, dass ich einfach, sobald es wieder einen Fall wie das Mädchen gibt, davon berichte und wir werden jemanden suchen der den Kranken unterstützen kann. Das Gute ist, dass ich sogar Fotos machen kann und euch über den Zustand der Person weiter unterrichten kann. Ich glaub das wär sehr nett und sinnvoll.

Am Wochenende bin ich das erste mal ein bisschen weggefahren. Wir waren bei einer Taufe am Land eingeladen. Eigentlich war das ganze sehr nett, bis auf den Gottesdienst in der Kirche. Der hat 5 Stunden gedauert, und ich hab fast nichts verstanden. Beim beten bin ich meistens eingeschlafen und nur das singen hat mir echt gefallen. Die Leute hier sind wirklich sehr gläubig. Aber davon schreib ich euch später noch. Danach haben wir gegessen. Reis mit Fleisch und Fleisch mit Reis und noch ein bisschen Fleisch und noch mal Reis und so. Puh. Bis auf das Fleisch hats mir gut geschmeckt. Dann waren wir spazieren. Das war der beste Teil. Wir sind auf einen kleinen Berg gegangen und durch die Reisfelder spaziert. Es ist hier alles voll Reisfeldern. Selbst wenn ich ins Krankenhaus fahren (das ist ein bisschen außerhalb) fahren wir durch die Reisfelder. Wir waren auf einem Berg, der früher dem König gehört hat. Er war heilig und die armen Leute durften nicht dahin gehen. Der Berg war ziemlich schön. Danach sind wir nach Hause gefahren. Das Dorf wo wir waren uns nur ca. 30 Kilometer entfernt von Tana (= Antananarivo) aber die Straße mies (dabei ist das angeblich eine der besseren Straßen). Wir haben 2 Stunden gebraucht.

Dienstagabend war ich bei einem Mitarbeiter von der Drogenstation zum Essen eingeladen. Seine Familie wohnt am Stadtrand (gleich neben irgendeiner Plantage) und seine Familie ist wirklich ziemlich arm. Alle Leute wohnen in zwei kleinen Zimmern ohne Strom und ohne Wasser. Es gibt dort nur zwei Betten und das sind alle Möbel. Sie haben nicht mal einen Tisch oder Stühle. Florette (sie kenne ich schon länger) wohnt auch dort und wir verstehen uns sehr gut. Sie ist 22 Jahre alt und hat schon zwei Kinder. Leider spricht sie kein Französisch aber vielleicht kann ich mich bald besser auf madagassisch mit ihr unterhalten. Sie hat schon mit 15 Jahren geheiratet und ihre Kinder sind 5 und 2. Ich muss sie unbedingt fragen, warum sie schon mit 15 geheiratet hat. Das ist schon sehr komisch für mich. Aber immerhin ist ihr Mann sehr nett (er ist fünf Jahre älter). Die Familie lebt vom Körbe flechten. Ich werde sicher ein paar mitbringen!
Sie haben sehr groß für mich gekocht – leider natürlich wieder Fleisch. Ich hab viel mehr essen müssen als alle anderen, dabei ist es mir gestern Abend schon ziemlich übel gegangen. Aber ich hab ja schlecht das essen abweisen können (ich glaub die essen sonst nie Fleisch). Wir haben auf Strohmatten am Boden gegessen und sie haben sich tausendmal bedankt dass mich das nicht stört. Das angenehmste dort war, dass es keinen Fernseher gibt!!! Vielleicht werde ich bald ein, zwei Wochen zu ihnen ziehen.
Naja, als ich dann nach hause gekommen bin war mir ziemlich schlecht. Ich bin gleich schlafen gegangen. Und heut bin ich nur ins Krankenhaus gefahren um zu sagen, dass ich nicht komme. Sie haben mich gleich auf Malaria getestet und es ist nichts Schlimmes. Wahrscheinlich hab ich nur was falsches gegessen. Trotzdem habe ich irgendwelche Medikamente gegen Malaria bekommen und noch viele andere. Das ganze hat mich 1,50 € gekostet.
Heute hab ich den ganzen Tag geschlafen und am Nachmittag eine Dusche genommen. Das war wirklich angenehm. Die Dusche ist hier draußen und es gibt nur kaltes Wasser. Wir wärmen das Wasser vorher auf und dann ist das ganze ziemlich angenehm. Nur im Dunkeln ist es nicht angenehm – und ansonsten komm ich ja meistens erst im dunkeln nach hause – weil dann ist die Dusche voll mit Käfern und Spinnen. Ich hab keine Ahnung was das alles ist, aber ich schau meistens dass ich so schnell wie möglich wieder da raus komm. Aber heute Nachmittag hab ich eine angenehme Dusche ohne Käfern genommen.

Aber jetzt noch mal zur Religion. Letzte Woche hab ich dass erste Mal wirklich gecheckt, wie gläubig die Leute hier sind. Wir haben zum tausendsten Mal diskutiert, wann ich denn euch alle missionieren werde. Die Ärzte hier haben gemeint, es wäre dass schönste Geschenk für sie, wenn ich zurück nach Österreich komme und meine Freunde von Gott überzeuge (…also, macht euch auf einiges gefasst..  ); Dann hab ich ihnen erklärt, dass ich nicht so ganz von der Bibel überzeugt bin. Ich habe gemeint, die Bibel ist gut aber nicht in unserer Realität.Ich kann nicht glauben, dass irgendwann ein bärtiger Mann übers Wasser gelaufen ist. Aber die hier glauben wirklich dass ihre Ururururur…Großmutter Eva ist. Und ihre Urururur…Großvater Adam. Ich war die erste Person die ihnen erzählt hat, dass der Mensch vom Affen abstammt. Aber dass ist so fremd für sie….; die haben mir kein Wort geglaubt.

Nagut ihr alle, ich werd mich jetzt gesund schlafen weil ich am Freitag gern mit den Capoeirstas wegfahren würde. Sie haben mich übers Wochenende eingeladen mit auf einen Workshop zu fahren. Hoffe das klappt!
Ansonsten freu ich mich über alle eure Nachriten!
@ Anna: klar hab ich viel Zeit an euch zu denken!!! Und das tu ich auch ganz viel! Also du machst jetzt internationale Entwicklung? Und versuchst du nächstes Jahr den Test noch mal? Du bist doch unsere erste Ärztin!!!
@ Tommi: ich freu mich auch schon auf den nächsten Ausflug Richtung Flex!!! …die Partys in Österreich sind schon anders als hier. Bis jetzt mehr nach meinem Geschmack… ; Und was machst du jetzt? (…außer natürlich positiv denken…)
@ Kathi: ach, es ist wirklich dumm dass bei dir alles so schief gegangen ist. Aber hat die eine Woche bei Lisas Vater wenigstens Spaß gemacht? Und hat sich schon ein Plan B gefunden? Ich drück die auf jeden Fall die Daumen dass du bald wieder Mut schöpfst!
@ Flo: …na dann wirst du ja bald meine Kletterkünste überholen! Grüß den Max von mir! Ich freu mich schon drauf, dann mitzumachen, wenn ich wieder da bin.
@ Michael: …thanks’ for using the internet to translate! It’s just impossible for me to write all this in English. …hope to send you an e-mail “bientot”.

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